„A ‘real’ definition, according to traditional logic, is not a stipulation determining the meaning of some expression but a statement of the ‘essential nature’ or the ‘essential attributes’ of some entity. The notion of essential nature, however, is so vague as to render this characterization useless for the purposes of rigorous inquiry. Yet it is often possible to reinterpret the quest for real definition in a manner which requires no reference to ‘essential natures’ or ‘essential attributes’, namely, as a search either for an empirical explanation of some phenomenon or for a meaning analysis." (Hempel 1952a:6)
Hempel macht es sich aber zu einfach, den „Essentialismus" allein nur aufgrund von angeblich mangelnder logischer Präzision abzuweisen. Ist denn damit schon gesagt, dass er sich unmöglich präzisieren lasse? Der Vorwurf der Vagheit trifft nur zu, wenn man den philosophischen Hintergrund leugnet. Die fragliche "Explikation" geht auf Aristoteles zurück und fußt auf dessen Metaphysik - aber für Anti-Metaphysiker vielleicht nicht nachvollziehbar.
„Doch sei gleich von vornherein auf die eigentümliche Stellung hingewiesen, welche die Definition in dem aristotelischen System einnimmt, und damit der Grund angedeutet, warum sie sich weniger leicht als andere Formen von den metaphysischen Voraussetzungen loslösen lässt. Während die übrigen logischen Formen Glieder in dem Prozess der wissenschaftlichen Untersuchung und Darstellung bilden, während z.B. der Syllogismus ein Werkzeug bedeutet, mit dessen Hilfe man von einem Gedanken zum anderen fortschreitet, so ist es nach Aristoteles die Aufgabe der Definition, die Untersuchung abzuschließen und das ‘Wesen’ der betreffenden Untersuchungsobjekte endgültig festzustellen. Dieser Unterschied ist für den mehr als formalen Charakter der Definition von entscheidender Bedeutung. Mag man nämlich alle anderen Formen des Denkens von ihrem Inhalte loslösen und die Wahrheit, die sie liefern, als eine lediglich ‘hypothetische’ ansehen, so ist bei der Definition eine solche Betrachtungsweise nicht möglich, ohne ihr den Sinn zu rauben, den sie bei Aristoteles besitzt." (Rickert 1929a:2)
Das Bewusstsein davon ist aber offensichtlich den meisten Logikern schon lange abhanden gekommen, obwohl immer noch hin und wieder Residuen aristotelischer Logik in Logikbüchern auftauchen, und zwar häufig in einer Form und in einem recht rätselhaften Zusammenhang, der die Bewusstlosigkeit über den früheren Problemzusammenhang nur umso greller ins Licht setzt. Insofern ist bei jeder sog. „essentialistischen" Definition zu betrachten, in Zusammenhang mit welcher Begriffslogik und Erkenntnistheorie sie eingesetzt wird. Dies ist schließlich der ursprüngliche Sinne der Rede vom „Wesen". Denn was unter „Wesen" genau genommen zu verstehen ist, dazu muss man stets die besondere Philosophie befragen, der dieser Begriff entnommen ist.
Es führt daher Popper - außer polemische Luft abzulassen - zu nichts, wenn er von einem „Essentialismus" schlechthin spricht. Zwar gilt der aristotelische Essentialismus in der Literatur als der Essentialismus par excellence. Dies verdeckt aber allzu leicht, dass im Laufe der Philosophiegeschichte sehr unterschiedliche, teilweise von Aristoteles stark abweichende Formen entwickelt worden und verbreitet waren. So arbeitet z. B. Wilks für Abelard die Unterscheidung heraus
„between predication in essence (hereafter ‘essential predication’) and predication in adjacence (‘adjacent predication’). This distinction attaches a meaning to ‘essence’ rather removed from its usual, Aristotelian sense; for the twelfth century and earlier, particularly among logicians and grammarian ‘essentia’ is often employed in a sense very like that of ‘res’ to mean, simply, ‘thing’. The notion of essential predication is founded on this usage. To read a sentence as involving an essential predication is simply to impute to the predicate the role of being the name of something. In this way the predicate is construed as behaving semantically the same way the subject does; the subject and predicate alike denote something and if what the predicate denotes is identical with what the subject denotes then the sentence is true."-„To read a sentence as an adjacent predication, by contrast, is to read the predicate as corresponding to some adjacent (i.e., inhering) form, so that the sentence is true when that inhering form actually does inhere in the thing denoted by the subject." (Wilks 1998a:366f)
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