„Capitalism is first and foremost a legal system. It requires laws that protect property rights." (Yardeni 1997#35:13f)
„Of course, nothing in this analysis of society justifies the conclusion that there ought to be private property or not." (Morgenstern 1964a:574)
„I think that the first and principal concept in the ideology of enslavement and exploitation has been since antiquity the concept of right. Some men gave themselves the right to own and manipulate some other men. The slave owners from antiquity until the fairly recent abolition of slavery in the 19th and 20th centuries did not actually deny their slaves their rights, but they simply did not consider the concept of right to be applicable to them at all. Slaves were conceived of as merely objects or some kind of creatures." (Samir 1998a)
„Wahrscheinlich ist kaum jemand je imstande, rational zu rechtfertigen, warum Institutionen, wie die des Privateigentums, für die Gesellschaft besser sind als sie sind. Dies ist eine der Aufgaben, die der Nationalökonomie gestellt sind, die sie aber bisher nur sehr unvollkommen erfüllt hat. Wir sind immer noch in der Situation, dass wir von Moralregeln leben, die sozusagen nur deshalb wieterbestehen, weil es für die große Mehrheit der Menschen übernatürliche Rechtfertigungen gibt." (Hayek 1983a)
Das Naturrecht ist unhaltbar. Deshalb werden übernatürliche Rechtfertigungen, d.h. eine Art von ökonomischen Gottesbeweisen, benötigt. Privateigentum ist nicht einfach gut, sondern besser. So lehrt der Nobelpreisträger. Denn es ist das allgemein anerkannte Vorrecht von Würden- wie Nobelpreisträgern, uns das „Herkömmliche Konzept“ [1]) (Galbraith 1970a:37) zu verkünden. Also ist erschienen Hayek, Prophet der Neoliberalen und Anti-Intellektueller [2]), und offenbart uns:
„Die Religionen haben uns tatsächlich gelehrt, mit übernatürlichen Begründungen eine Moral für unsere Zivilisation aufzubauen, die aber der rationale Geist nicht rechtfertigen konnte. In moderner Zeit hat dies sogar dazu geführt - und ich glaube hier nicht zu übertreiben -, dass gerade die Intellektuellen, die gerne alles, was wir tun, rational rechtfertigen wollen, die moralische Tradition, die hauptsächlich eben die Tradition des Privateigentums und der Familie war, auf Grundlage oder mit der Begründung jenes kartesianischen Rationalismus in Frage stellten.“ (Hayek 1983a)
Mit dem Verstoß gegen die Religion wurde selbst einem Sokrates die Unvernunft von Vernünftigkeit nachgewiesen. Weshalb sollte dies Argument nicht auch Hayek gebrauchen?! Das Fatale am Neoliberalismus ist jedoch, dass er durch die Geschichte ständig bestätigt wird: Mit Descartes sowie der lästerlichen Religionskritik eines Feuerbach und Bauer (McLellan 1969a) hat tatsächlich angefangen, was später zwangsläufig bei der Gottlosigkeit eines Stalin, Ulbricht oder Honecker [3]) enden musste:
„... denn das ist das Hauptbollwerk der Ungläubigen, dass ihre Vernunft ihnen andre Dinge sagt als das Wort Gottes.“
In Wahrheit hat der ganze Schlamassel natürlich schon viel früher angefangen. Der erste Theologe [4]), d.h. derjenige, der sich anmaßte, das Geschäft der Religion mit Vernunft zu betreiben, hat diese dem mythischen Schlummer entrissen und damit dem Prozess der Kritik ausgesetzt. Das griechische Wunder ist nicht, wie Popper meint, durch Kulturzusammenstoß entstanden, sondern durch den recht irdischen Futterneid von Priestern.
Hayek muss daher konsequenterweise für die Abwicklung nicht nur der marxistischen und soziologischen, sondern gleichfalls aller ökonomischen und theologischen Lehrstühle plädieren. Neoliberalismus benötigt auch keine Wissenschaft, sondern erfordert lediglich die Kunst, von Fall zu Fall zu überleben. Ob jemand diese Kunst im erforderlichen Maße wirklich beherrscht, zeigt sich von selbst, wenn zwar auch erst hinterher. Hitler hätte es beinahe gepackt [5]). Wenn er ein Führergenie gewesen sein sollte (Jäckel 1981a), so geht es uns darum, heute zu verhindern, dass derlei Geniestreiche künftig zufällig Erfolg haben könnten. Erfolg ist aber grundsätzlich zufällig, das sollten gerade die Verfechter der Evolutionstheorie wissen. Und nicht immer haben wir ausreichend Gelegenheit, so lange zu probieren, bis wir die Gewinnstrategie herausgefunden haben.
„Progress has always been achieved by probing well-entrenched and well-founded forms of life with unpopular and unfounded values. This is how man gradually freed himself from fear and from the tyranny of unexamined systems.” (Feyerabend 1970a:209f)
Es ist kein so geringer Schmerz für diesen Kritiker des Kollektivismus, eingestehen zu müssen, dass er bzw. die Nationalökonomie für das Festhalten am Privateigentum immer noch keinen Gottesbeweis vorzuweisen haben. Fast, so könnte man befürchten, Hayek fiele in die schlechte Angewohnheit solcher unverbesserlichen Rationalisten wie Descartes und Leibniz oder anderer praxisfremder Intellektueller zurück, die unverschämter Weise für alles und jedes längst Bewährte obendrein noch eine rationale Begründung verlangen. Man soll aber nicht daraus schließen, wenn nicht einmal Hayek eine gefunden hat, so gebe es vielleicht überhaupt keine. Da nach Hayeks Glaube Religion und Evolution sowieso schon das Ihre tun, um nämliche Tradition zu wahren, ist eine rationale Rechtfertigung, bei Lichte besehen und wie Hayek mit Freude feststellt, völlig fehl am Platze. Freilich scheinen das größte Problem mit dem Eigentum vor allem diejenigen zu haben, die keines haben. Hayek beschäftigt sich daher dann auch lieber eingehend mit der bewährten moralischen Tradition der Nichtkapitalisten, welche die Kapitalisten schon immer über Wasser zu halten pflegte. Die westliche Demokratie ist nicht durch Vernunft groß geworden, sondern dadurch, dass es immer eine schweigende Mehrheit gab, die nicht zu viel Fragen gestellt hat und die sich wunderbar mit der Floskel „Das war schon immer so!" abspeisen ließ.
Kann aber eine Einrichtung besser gegründet sein, die auf resourcefulness [6]) baut? Das Problem einer vernünftigen Gestaltung der property rights [7]) wird von Popper nicht erörtert. Dieses Problem wird in Poppers Konzept der „offenen Gesellschaft" genauso wenig analysiert wie bis vor kurzem innerhalb der bürgerlichen Ökonomie. Nach Eggertsson (1990a:33, Anm.1) sei es heute allgemein anerkannt, dass Marx der erste gewesen sei, der eine Theorie der property rights besessen habe. Dabei übersieht er, dass Marx selbst schon bei aller Kritik an Proudhon diesem jedenfalls die Ehre hat zukommen lassen, als erster Theoretiker den Faktor Eigentumsverhältnisse in die ökonomische Theorie einbezogen, d.h. endogenisiert zu haben, gerade das, was Marx an Smith und Ricardo bei all ihren Verdiensten schmerzlich vermisst hatte.
„Alle Entwicklungen der Nationalökonomie haben das Privateigentum zur Voraussetzung. Diese Grundvoraussetzung gilt ihr als unumstößliche Tatsache, die sie keiner weiteren Prüfung unterwirft, ja auf welche sie, wie Say naiv gesteht, nur ‘accidentiellement’ zu sprechen kömmt. Proudhon nun unterwirft die Basis der Nationalökonomie, das Privateigentum, einer kritischen Prüfung, und zwar der ersten entschiednen, rücksichtslosen und zugleich wissenschaftlichen Prüfung." (Engels, Marx, Die heilige Familie, MEW 2:32f)
[1]) "Weil das Wohlvertraute am leichtesten akzeptiert wird, sind die eingängigen Ideen meist sehr lebenskräftig. Und sie lassen sich auch sehr genau voraussagen. Es wird zweckmäßig sein, einen Namen für die Ideen zu prägen, die zu bestimmten Zeiten wegen ihrer Eingängigkeit besonders geschätzt werden." (34) - "Ist das Herkömmliche Konzept aber erst einmal mehr oder weniger gleichgesetzt mit gründlicher Fachkenntnis, so lässt sich kaum noch an ihm rütteln." (35)
[2]) Was das bedeutet, ein Intellektueller zu sein: "Dann: er war ein Intellektueller. Das Misstrauen gegen den Typus des durch geistige Arbeit Abgesonderten, dem die Gestalt seiner Arbeit Naivität, erst die in der Selbsterhaltung des Lebens und dann auch die des Gedankens, verwehrt, hat er von dem Odium befreit, das ihm in Deutschland anhaftete, nicht erst seit Goebbels das denunziatorische Wort von der Intelligenzbestie erfand. (...) Wenn die erfolgreichen Demagogen ichren Gefolgsleuten gleichen und von ihnen sich unterscheiden nur dadurch, dass sie deren verdrückte Instinkte und Wünsche in ihrer Suada verströmen lassen, so glich umgekehrt Heuß den Millionen, die weit über seine politische Macht hinaus an ihm hingen, dadurch, dass er verkörperte, was in ihnen allen tiefer bereit lag als ihr kollektiver Narzissmus: die Idee des Bürgers einer Welt, in der man sich nicht zu fürchten brauchte." (Theodor W. Adorno, Worte zum Gedenken an Theodor Heuß, in: Stammer 1965a:158, 160)
[3]) "Staatssozialismus stellt (...) keine Überwindung des Kapitalismus dar, sondern ist eine alternative Art, die Industrialisierung zu fördern oder hohe Raten des Wirtschaftswachstums zu erreichen. An sich beruht er auf einer vom Kapitalismus sehr unterschiedenen institutionellen Vermittlung von Macht."(Giddens 1979a:313). Zu Ulbricht siehe "Dokumente zur Geschichte der PDS. Zum 25. Todestag Walter Ulbrichts. Erklärung des PDS-Vorsitzenden Lothar Bisky am 31. Juli 1998
[4]) Wenn Theologie das Erkennen dessen ist, was geglaubt wird, so geht derlei Erkennen, sofern es nur echtes Streben nach Wahrheit ist, unschwer in Kritik über. "Die einzige, dem exklusiv religiösen Geiste immanente, d. i. von ihm unabweisbare, seinem Wesen konforme Wissenschaft war die Theologie, in der der Glaubensinhalt vor das Bewusstsein des Verstandes gebracht, von ihm zergliedert, bestimmt, geordnet und beleuchtet wurde. Indem aber mit dem Bestimmen des Glaubensinhaltes durch Gedanken dieser Inhalt Objekt des denkenden Bewusstseins wurde, Objekt des analytischen, auflösenden Verstandes, wurde mit ihm zugleich das denkende Bewusstsein unabhängig von dem Stoffe des Glaubens sich selbst Objekt, innerhalb des Inhalts des Glaubens zugleich der Gedanke als solcher Gegenstand, und die Theologie ging so über in Philosophie." (Feuerbach, Geschichte der neuern Philosophie:8) - "Theologie ist, so glaube ich noch immer, ein Symptom des Unglaubens." (Popper 1979a:18)
[5]) "Erfolg hängt von vielen Dingen ab, vor allem davon, dass man Glück hat." (Popper 1979a: 62) - "Positivism tells me that I am successful because I am smart. I am too smart to believe such folly." (Agassi 1993a:38)
[6]) "When you have a good thing, said the devil, you organize it." (Bell, The Racket-Ridden Longshoremen, 1965a:184)
[7]) "Property rights assignment specify the norms of behavior with respect to things that each and every person must observe in his interaction with other persons, or bear the cost of nonobservance." (Furubotn, Pejovic 1972a:1139)
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