"Das einzige Forum kollektiver Entscheidung, das Fremdherrschaft ausschließt, indem es auf ein- oder gegenseitigen Zwang verzichtet, ist der Markt."
(PD Dr. Hardy Bouillon, Aufklärung und Kritik, 6, 2, 1999, S. 159)
„Und grade die Fähigkeit des Kapitalisten, seinem Kapital eine andere Richtung zu geben, macht den auf eine bestimmten Arbeitszwang eingeschränkten ouvrier entweder brotlos oder zwingt ihn, sich allen Forderungen dieses Kapitalisten zu unterwerfen." (Marx, ÖPM:472)
„the bigger the market, the greater the prosperity!" (Yardeni, Moss 1990a)
„In this way, the medieval saying nulle terre sans seigneur gives way to the modern saying l'argent n'a pas de maitre [‘Money knows no master’], which is an expression of the complete domination of dead matter over men." (Marx ÖPM: 507)
Kehrseite dieser „Versachlichung" der Ökonomie ist die angebliche Künstlichkeit und Ineffizienz politischen Gestaltungswillens sowie der unproduktive, abgeleitete Charakter von Kultur sowie der gesellschaftlichen Verhältnisse überhaupt. Globalismus ist damit nur eine Fortbildung des seit dem Entstehen der liberalen Ökonomie - mindestens seit Smith und Ricardo - verbreiteten Glaubens an die Naturwüchsigkeit, selbsttätige Effizienz und naturrechtliche Legitimität kapitalistischen Wirtschaftens. Doch selbst wenn man Adam Smiths „invisible hand" als eine kybernetische Idee einer Form sozialer Kontrolle ansieht (Albert 1964c:90, Anm.14; Ottow 1991a), muss diese erstaunliche Blüte eines sozialen Optimismus der Spezifizierung der Bedingungen und detaillierter kritischer Prüfung unterworfen werden:
„This pattern of social functions and individual dysfunctions is at variance with the vigorous and untutored optimism unforgettably expressed by Adam Smith, who speaks of a ‘harmonious order of nature, under divine guidance, which promotes the welfare of man through the operation of his individual propensities.’ If only it were that simple. One of the prime problems for sociological theory is that of identifying the special conditions under which men’s propensities and the requirements of the social system are in sufficient accord to be functional for both individuals and the social system." (Merton 1973a:448, Anm.20)
Dies ist damit aber ein offener Widerspruch derjenigen, die Wohlfahrtswesen und Wissenschaften vom private sponsoring abhängig zu machen wünschen: Der Kapitalismus fördert angeblich die gesellschaftliche Wohlfahrt, indem er egozentrisches Verhalten belohne. Andererseits erwarten wir von den somit belohnten Egoisten, dass sie sich eines bislang bestraften Altruismus besönnen und aufgrund solcher Motive das Gemeinwohl förderten. Exegese stößt hier auf das sog. "Adam-Smith-Problem" (Kazmierski 1998a:110):
In welchem inneren Zusammenhang steht die "Theorie der ethischen Gefühle" mit dem "Wohlstand der Nationen"?
Vielleicht liegt aber gerade der Systemfehler des Kapitalismus darin, dass er nur Egoisten [1]) erlaubt, Altruisten zu sein.[2])
[1]) Stirner hat recht, wenn er 'den Menschen' Feuerbachs, wenigstens des 'Wesens des Christentums' verwirft; der feuerbachsche 'Mensch' ist von Gott abgeleitet, Feuerbach ist von Gott auf den 'Menschen' gekommen, und so ist 'der Mensch' allerdings noch mit einem theologischen Heiligenschein der Abstraktion bekränzt. Der wahre Weg, zum 'Menschen' zu kommen, ist der umgekehrte. Wir müssen vom Ich, vom empirischen, leibhaftigen Individuum ausgehen, um nicht, wie Stirner, drin stecken zu bleiben, sondern uns von da aus zu 'dem Menschen' zu erheben. 'Der Mensch' ist immer eine Spukgestalt, solange er nicht an dem empirischen Menschen seine Basis hat. Kurz, wir müssen vom Empirismus und Materialismus ausgehen, wenn unsre Gedanken und namentlich unser 'Mensch' etwas Wahres sein sollen; wir müssen das Allgemeine vom Einzelnen ableiten, nicht aus sich selbst oder aus der Luft à la Hegel." (Engels an Marx, 19.11.1844, MEW 27:12)
[2]) In welch engem Zusammenhang öffentlich demonstrierte Wissenschaftlichkeit (Positivismus, Werturteilsfreiheit, methodischer Rigorismus, internationale Reputation, etc.) mit dem Fluss der Spendengelder steht, kann man am Fall der LSE bei Dahrendorf (1995a) nachlesen.
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