Der Verkürzung von Ökonomie als einem Zweig der Sozialwissenschaften auf eine Astronomie von Mensch-Ding-Beziehungen ist Albert (1964c:88,Anm.12; 1996a:30) bei v. Wiese [1]) entgegengetreten. Dieselbe ideologische Verkürzung, wie sie Recktenwald etwa in seiner Verballhornung [2]) der AWT vornimmt, hat Marx [3]) bereits kritisiert, wenn er darauf hinweist, dass zwischen technologischen und sozialen Relationen grundsätzlich unterschieden werden müsse. Marx hat zusätzlich den Aspekt herausgestellt, dass der Mensch unter die Herrschaft der Sachen gerät und dass die Welt vordergründig als eine der Sachen, nicht sogleich einer der ökonomischen, rechtlichen und sozialen Beziehungen wahrgenommen wird. Es ist dies gewissermaßen ein makrophysikalisches Vorurteil, das durch gesellschaftliche Bedingungen mitverursacht und als ein ideologisches Bewusstsein unterstützt wird. In ähnlicherweise tritt uns bei Simmel eine Reideologisierung der marxschen Ideologie-Kritik entgegen:
"Indem Simmel die Marx'schen Wert- und Geldform-Analysen auf die überallgemeine Ebene einer psychologischen Wesenssschau transponiert, tilgt er die in ihnen enthaltene Entfremdungs- und Herrschaftskritik." (Rehmann 1999a:226)
Etwas anderes ist es hingegen, wenn Marx die Dinghaftigkeit mit dem Warencharakter und insbesondere mit dem Produkt als Gebrauchswert verknüpft. Hier werden von Marx Aspekte unter Begriffe gefasst (insbesondere indem „Gebrauchswert" nach dem aristotelischen Substanz-Begriff begriffen wird), die spätestens unter den heutigen Verhältnissen einer Marketingwirtschaft, wo Produktentwicklung vor allem ideologische Konstruktion der Produktinnovation („Produktentwicklung") auf die manipulierten Bedürfnisse des Verbrauchers hin bedeutet, als nicht mehr haltbar erscheinen. Nach dem aristotelischen Verständnis des Gebrauchswert ist dieser ein Ding mit seinen stofflichen Eigenschaften, dessen enzyklopädische Übersicht die Warenkunde liefert. Nach moderner Auffassung ist „Gebrauchswert" eine Relation zwischen Konsumenten und Produkt, wenn nicht gar zwischen dem Marketing des Produzenten, dem Produkt und dem Konsumenten. Hier spielt zwar die Dinghaftigkeit auch noch eine gewisse Rolle (wenn z.B. viele glauben, sie hätten eine Problemlösung gekauft, dabei haben sie bestenfalls nur die Hardware dazu erworben. Andererseits sind viele der Meinung, Informationen seien von Natur aus kostenlos). Diese dinghafte Sicht des sozialen Prozesses ist allerdings nur ein Moment der modernen Konstruktion von Gebrauchswert durch Marketing. Diese Analyse von Verdinglichung ist unter Bedingungen der Informationswirtschaft noch um die wesentlichen Aspekte von der Produktion von Information als Produktionsmittel und Lebensmittel (Reproduktion der Arbeitskraft) und ideologisches Konsumware (Kultur und Kitsch) zu erweitern.
„Bewusstsein im strengsten Sinne ist nur da, wo einem Wesen seine Gattung, seine Wesenheit Gegenstand ist.“ (Feuerbach 1849a:24)
[1]) "einigen der wenigen in unserem Kreise, die Max Weber noch persönlich gekannt haben..." (Otto Stammer, Ansprache zur Eröffnung, in: Stammer 1965a:2)
[2]) "Unverständlich bleibt nur, wie man mit der Forderung nach praktischer Anwendung der Arbeitswerttheorie hochentwickelte Industrienationen auf die Stufe eines primitiven Jägervolkes zurückversetzen will, indem man den Wert einer Ware nur in dem Beitrag der Arbeit sieht und die beiden anderen Produktionsfaktoren unvergütet läßt. Jedes Erstsemester weiß, dass eine solche Rechnung zur Verschwendung knapper Ressourcen führen muss, unabhängig vom Wirtschaftssystem." (Recktenwald 1990a:LV) Erst einmal ist es völlig unverständlich, wie ein angesehener Ökonom zu solch einer Verballhornung der AWT gelangen kann. Wenn Niehans (1989a) die AWT nur in dieser Form kennen sollte, dann kann man seine Polemik verständlich finden. Die in dieser "Kritik" vorliegende Interpretation der AWT ist so unter jedem Niveau, dass sie sich nur noch schwer kritisieren lässt. Doch auch das bekannte Lehrbuch von Samuelson (1964a:315) gibt eine ähnliche Karikatur des Arbeitswertgesetzes wieder. Danach bestehe es in der Behauptung, dass die nichtmenschlichen Produktionsfaktoren überhaupt nicht in die Produktionskosten miteinbezogen werden sollten, sondern Fleiß und Geschicklichkeit die einzigen Quellen allen Wertes seien. Dagegen ist dann Samuelsons Einwand, dass selbst sozialistische Wirtschaften Verrechnungspreise für Kapital und Arbeit benötigten, um den optimalen Punkt auf der Transformationskurve bestimmen zu können. Damit unterstellt er jedoch einen unvermittelten Zusammenhang zwischen Wertquelle und Produktionspreis, den es in dieser Weise zumindest Marx weder beabsichtigt noch hergestellt hat.
[3]) "... alle Epochen der Produktion haben gewisse Merkmale gemeinsam, gemeinsame Bestimmungen. (...) Einiges davon gehört allen Epochen; andres einiges gemeinsam. (...) allein, wenn die entwickeltsten Sprachen Gesetze und Bestimmungen mit den unentwickeltsten gemein haben, so muss grade das, was ihre Entwicklung ausmacht, den Unterschied von diesem Allgemeinen und Gemeinsamen, die Bestimmungen, die für die Produktion überhaupt gelten, müssen grade gesondert werden, damit über der Einheit - die schon daraus hervorgeht, dass das Subjekt, die Menschheit, und das Objekt, die Natur, dieselben - die wesentliche Verschiedenheit nicht vergessen wird. In diesem Vergessen liegt z. B. die ganze Weisheit der modernen Ökonomen, die die Ewigkeit und Harmonie der bestehenden sozialen Verhältnisse beweisen. Zum Beispiel. Keine Produktion möglich ohne ein Produktionsinstrument, wäre dies Instrument auch nur die Hand. Keine möglich ohne vergange, aufgehäufte Arbeit, wäre diese Arbeit auch nur die Fertigkeit, die in der Hand des Willden durch wiederholte Übung angesammelt und konzentriert ist. Das Kapital ist unter andrem auch Produktionsinstrument, auch vergangne, objektivierte Arbeit. Also ist das Kapital ein allgemeines, ewiges Naturverhältnis; d.h. wenn ich grade das Spezifische weglasse, was 'Produktionsinstrument', 'aufgehäufte Arbeit' erst zum Kapital macht." Marx (GR:7)
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