Popper bringt da nur eine feinere Variante ins Spiel, Soziologie zu diskreditieren:
„Da ich nun an die Sozialwissenschaften glaube, kann ich nur mit Unbehagen auf soziale Pseudo-Wissenschaften schauen." (Popper 1967a:114)
Er glaubt an die Soziologie, wie Eltern an die bürgerliche Zukunft ihres Kindes in den Flegeljahren glauben. Diese Herangehensweise [1]) führt keineswegs dazu, angebliche Pseudo-Wissenschaft mit den empirischen Mitteln der Wissenschaft zu überprüfen, sondern möglichst a priori mittels der unterstellten pseudo-wissenschaftlichen Methodologie solches gerade zu umgehen. Nun gibt es sicherlich eine Menge empirischer Fakten, auf welche z.B. die marxsche Theorie bezogen werden könnte. Davon ist aber bei diesen Kritikern von pseudo-Wissenschaft keineswegs die Rede. Kein Physiker würde es wohl der Mühe wert ansehen, Galileo oder Newton nachzuweisen, dass ihr jeweiliges Wissenschaftsverständnis den Wahrheitsgehalt der von ihnen nachgewiesenen Fakten beeinträchtigen würde. Hier muss es also um etwas anderes gehen: Es werden politische und wissenschaftspolitische Konflikte unter dem Deckmantel von Methodologiekritik ausgetragen. Das wäre noch nicht einmal weiter schlimm, wenn es dabei wenigstens zu irgendeinem Erkenntnisfortschritt käme und nicht bloß zu der Abschiebung der echten Streitfragen auf sachfremde Gebiete, womit diese kaum noch etwas zu tun haben und sicherlich nicht der Lösung näher gebracht werden.
[1]) wie Becker diese elfmeterreif formulierte: „Nicht nur die Wissenschaftsmethode wird sich als höchst irrational erweisen, auch der marxsche Wissenschaftsbegriff selbst zeigt von Anfang an Elemente, die es nicht gestatten, ihn mit dem der empirischen Wissenschaften neuzeitlicher Prägung ineinszusetzen." (Becker 1972a:48)
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