Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Teleologie und Geschichtsphilosophie

Geschichte ist für Marx ein Prozess der Selbstverwirklichung des Menschen, der Gewinnung seiner Freiheit, d.h. von Macht oder Fähigkeit, seine eigenen Pläne zu realisieren (Howard,King 1975a). Von Deifikation der Geschichte kann unmöglich derjenige sprechen, der von der Prämisse ausgeht, dass der Mensch seine eigene Geschichte macht.

Aristotelische Teleologie und christlichen Vorsehungsglauben finden wir in der Geschichtsphilosophie Vicos (1924a:138f; Croce 1927a; Adler 1929a) eng miteinander verschmolzen. Dieser Gedanke ist auch heute, selbst bei Ökonomen, noch nicht außer Kurs. Durch Aristoteles und schließlich Hegel erfährt das Zweck-Mittel-Schema eine eigentümliche Ausgestaltung. Demgegenüber bestand schon Feuerbach (o.J.:80) auf eine kausale, bzw. wenn man so will: kybernetische Explikation von „Teleologie". Im Hinblick auf die Teleologie müssen wir laut Mayr (1974a:91) dreierlei Bedeutungen auseinanderhalten:

1. unilineare evolutionäre Sequenzen (Progressionismus, Orthogenesis);
2. scheinbare oder echte zielgerichtete Prozesse;
3. teleologische Systeme.

Bei Evolution ist die Selektion immer a posteriori; darf also schon daher nicht mit einem zielgerichteten Prozess verwechselt werden. Aber wohl darf man einräumen: Solche Prozesse nicht prognostizieren zu können, muss nicht notwendig bedeuten, dass sie sich nicht analysieren oder im Modell simulieren lassen. Dies ist grundsätzlich richtig. Dennoch darf nicht übersehen werden, dass derart erzielbare Erkenntnisse nur second-best sind und nicht über den Wert, d.h. die Verwendungsmöglichkeiten nomologischer Erkenntnis verfügen.

Zielgerichtetes Verhalten definiert Mayr (1974a:98) als einen „teleonomischen Prozess":

„A teleonomic process or behavior is one which owes its goal-directedness to the operation of a program."

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