Welty meint, gute Argumente gefunden zu haben, dass Platon selbst die offenbarte Wahrheit des Orakels von Delphi nicht anzuzweifeln in den Sinn gekommen sei. Ebensowenig habe er die Lüge als Erscheinung und Erkenntnisproblem im Sinne der heutigen Sozialpsychologie gesehen:
„In light of the rationalism of Plato, it is perhaps not surprising that he shows no inkling of the possibility of socio-psychological deception, operating through influence processes." (Welty 1973a)
Dies kontrastiert indes recht seltsam mit dem Versuch Zeltners (1974a:11), das Kallikles-Gespräch des „Gorgias", wo die Frage nach Wert und Unwert von Rhetorik zur Frage der Gerechtigkeit und des Ursprung des Ethischen hinüberleitet, als eine der ältesten Formulierungen eines Ideologieverdachts anzusehen. Dabei müssen sich aber beide Plato-Interpretationen einander nicht unbedingt völlig ausschließen. Nur erschiene das von Welty behauptete sozialpsychologische Defizit Platons dadurch doch in einem sonderbaren Licht.
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