Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Popper der Neokantianer

Unter dieser Perspektive überrascht es sehr, wenn Bunge Popper für einen Neokantianer" hält. Der unbeabsichtigte Witz wird zwar nicht verzeihlich, aber subjektiv einsichtig, wenn je­mand seine Informationen über den deutschen Idealismus z.B. von solchen exquisiten Kennern deutscher Geistesgeschichte wie Popper bezogen haben sollte. Auch glaubt Bartley (1974a) ei­nen Neokantia­nismus bei Popper ausfindig machen zu können, wenn auch mehr biographisch durch dessen Ausbildung als Schullehrer vermittelte Beziehung zur Würzburger Schule und zur Gestaltpsycho­logie (dieselbe psychologische Richtung, welche von Harrington (1996a) als ty­pisch für deutschen Holismus konfisziert wird). Wie Wettersten (1992a) eindeutig nachweist, steht Popper über seinen Lehrer Bühler in der Tradition der Würzburger Schule (Külpe, Selz usw.), einer Denkpsychologie, die zur Gestaltpsychologie ziemlich kontrovers stand. Wenn man bemerkt, wie schwer sich Popper tut, den auf badisch-neukantianischem Boden stehenden We­ber adäquat zu beurteilen, erwachsen erhebliche Zweifel an Bartleys biographischer Ver­or­tung. Falls man Popper einen Kantianer nen­nen kann, so natürlich nur in Bezug darauf, was Pop­per an Kant gefallen hat, jedenfalls nicht im Hinblick auf den transzendentalen Idealismus. Das ist aber die „Kopernikanische Wende", wofür aber gerade Kant in den Annalen der Philo­so­phie verzeichnet steht. In Analogieschluss stünde dann nichts im Weg, Popper als Marxisten zu bezeichnen. Man müsste von Marx nur historischen Mate­rialismus, Dialektik und sonst ein paar Kleinigkeiten weglassen. Ein Nominalist darf naturgemäß solches Etikettieren einfach als ei­ne völlig ins subjektive Belieben gestellte Veranstaltung ansehen.

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