Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Nationalstaat und internationale Beziehungen

Nationalstaat und internationale Beziehungen

"What constitutes the differentia of a political association and makes it a proper object of political philosophy?" (Foster 1965a:9)

„Die Erweiterung der Familie als Übergehen derselben in ein anderes Prinzip ist in der Existenz teils die ruhige Erweiterung derselben zu einem Volke, einer Nation, die somit einen gemeinschaftlichen natürlichen Ursprung hat, teils die Versammlung zerstreuter Familiengemeinden, entweder durch herrische Gewalt oder durch freiwillige, von den verknüpfenden Bedürfnissen und der Wechselwirkung ihrer Befriedigung eingeleitete Vereinigung kann dies System zunächst als den äußeren Staat, - Not- und Verstandesstaat ansehen." Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 280 ff. Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie, S. 42475 (vgl. Hegel-W Bd. 7, S. 338 ff.)

„Wie sehr man auch über den spezielleren Inhalt des Begriffs der Demokratie auseinandergehen möge, da hinein werden sich alle demokratischen Fraktionen vereinen, dass dieser Begriff auf einen allgemeinsten Ausdruck reduziert nichts anderes bedeutet als: Autonomie, Selbstgesetzgebung des Volkes nach innen. Woher aber sollte dieses Recht auf Autonomie nach innen kommen, wie sollte es nur gedacht werden können, wenn ihm nicht zuvor das Recht auf Autonomie nach außen, auf freie vom Ausland unabhängige Selbstgestaltung eines Volkslebens vorausginge! Das Prinzip der freien, unabhängigen Nationalitäten ist also die Basis und Quelle, die Mutter und Wurzel des Begriffs der Demokratie überhaupt. Die Demokratie kann nicht das Prinzip der Nationalitäten mit Füßen treten, ohne selbstmörderisch die Hand an ihre eigene Existenz zu legen, ohne sich jeden Boden theoretischer Berechtigung zu entziehen, ohne sich grundsätzlich und von Grund aus zu verraten." (Lassalle 1919a:31)

„Suppose Buckinghamshire were to secede from the United Kingdom. Surely, the government of the United Kingdom would not permit it. National unity and the right to self-determination are in serious clash ..." (Agassi 1993a:239)

„Wie nun das Recht der Geschichte und ihrer Gesamtentwicklung das größere ist gegen das ihrer einzelnen Adern - der besonderen Völker -, wie das Recht jeder dieser Adern im geschichtlichen Organismus auf eigene Funktion, auf eigene Entwicklung eben an die tatsächliche Bedingung gebunden ist, dass sie funktionieren, dass sie sich entwickeln, so bleibt das Recht der Volksgeister auf eigene Existenz daran gebunden, dass ein in eigener Weise sich entwickelnder und mit dem Kulturprozess des Ganzen Schritt haltender Volksgeist da sei. Andernfalls wird die Eroberung ein Recht. Die Probe für dieses Recht ist bei der Eroberung eines Volkes verschiedener Rasse mehr das Aussterben, bei der Eroberung eines Volkes derselben Rasse mehr die Assimilierung desselben, die Hinüberhebung in den eigenen und höheren Kulturgeist." (Lassalle 1919a:33f)

Nationalstaat und Nationalismus (Demokratie, Selbstbestimmung, Volk)

Internationale Beziehungen und Völkerrecht

Die Chancen auf Frieden (Krysmanski 1993a)

"(...) today the increasing escalation in the production of weapons has made survival almost identical with understanding." (Popper 1994a:34)

Die oben für das System Wissenschaft behauptete Wechselwirkung degenerierter Kommunikationsbeziehungen mit ideologisch-dogmatischer Frontenbildung lässt sich auch ohne große Mühe übertragen auf das System der internationalen Beziehungen (Cappello 1972a). Wer mit Weber (1977a) die Entstehung des "Stalinismus" [1]) studiert, stößt auf die fatalen Rückkopplungsmechanismen, die in der Konkurrenz von Faschismus und Stalinismus zur gegenseitigen Verstärkung totalitärer Züge und des Machtdenkens von Hitler-Deutschland und der Sowjetunion geführt haben. Hierin erblicken wir aber dann das analoge Problem der Gestaltung kommunikativer Beziehungen, nämlich als das Standardproblem der Strategie der Machtblöcke wie die des Kalten Kriegs:

appeasement vs. containment

Dahinter steht das Problem des „chicken game": Der Gewaltbereite und Unvernünftige, der nicht durch rationale Kostenrechnung sowie strategisches Kalkül beeinflussbar ist (im Extremfall: der Selbstmordattentäter), hat grundsätzlich Vorfahrt vor Vernunft [2]) und einem Verständigungswilligen. Die militärische Sicht der Beziehungen enthält einen fehlerhaften Kreislauf, sich selbst zu bestätigen. Damit besteht ein fundamentales Dilemma, aus der Reziprozität von Gewalt, Gewaltandrohung und der Glaubwürdigkeit von Drohungen zu einem Dialog der Verständigungsbereitschaft zu finden. Ab einem bestimmten level an Gewaltanwendung und Hysterie werden standardmäßig verfügbare kognitive Funktionen zusehends außer Funktion gesetzt. Ab einem gewissen Punkt kippt die Beziehung um in einen Abtausch von Drohung und Gewalt, aus welchem fehlerhaften Zirkel nicht mehr allein mit kommunikativen Mitteln (sprich: Argumenten) ausgebrochen werden kann. Insofern ist die Stalinisierung, die Etablierung einer Terrorherrschaft vor allem auch gegen die eigene Partei (Weber 1998a), noch weit entfernt davon, theoretisch befriedigend aufgearbeitet und entsprechend historisch-soziologisch verstanden worden zu sein (Plaggenburg 1998a; Schulz 1998a). Es ist jedoch klar zu erkennen, dass dies der zeitgeschichtliche Hintergrund ist, worin die poppersche Sozialphilosophie uns erwachsen ist, wofür sie gleichsam ein Zeitdokument darstellt, ähnlich wie das Kommunistische Manifest" [3]) ein historisches Dokument einer anderen, vergangenen Epoche ist (oder doch auch heute noch etwas an Globalisierungstheorie hergibt?! vgl. Deppe 1998, Ganssmann 1998a).



[1]) vgl. hierzu Stalinism: Its Origins and Future, <http://home.mira.net/~deller/bs/>;<http://www.fortunecity.de/kraftwerk/hotrats/3/prol.htm> "Es handelte sich nicht um Kinderkrankheiten, sondern um die Wirkungen ernster, dauerhafter Defekte. Und deswegen war nicht Pflege angesagt, sondern Tiefentherapie. Wir haben sie nicht geleistet." Dokumente zur Geschichte der PDS. 50 Jahre DDR - "Vorwärts und nicht vergessen?" Lothar Bisky am 7. Oktober im "Tränenpalast" in Berlin <http://www.sozialisten.de/geschichte/9910/ddr50.htm>
Neuerdings: "The Stalin-Era Research and Archives Project (
SERAP) is a collaborative, multidisciplinary undertaking based at the Centre for Russian and East European Studies at the University of Toronto. With support from the Social Sciences and Humanities Research Council of Canada, the Project seeks to stimulate the reinterpretation of politics and society in the USSR under Stalin through the use of newly declassified archival materials."

[2]) „Es kann nur der zu etwas gezwungen werden, der sich zwingen lassen will." Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 152. Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie, S. 42347 (vgl. Hegel-W Bd. 7, S. 179)

[3]) Das Kommunistische Manifest (Manifest der Kommunistischen Partei) von Karl Marx und Friedrich Engels. Von der Erstausgabe zur Leseausgabe . Mit einem Editionsbericht von Thomas Kuczynski. 1995, X, 262 S., DM 38,-- Nr. 49: Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, zu beziehen: Studienzentrum Karl-Marx-Haus, Johannisstraße 28, D-54290 Trier, Telefon 0651/43011, Telefax 0651/43014 E-Text: <http://www.student.uni-kl.de/%7Esjuergen/manifest.html>;<http://www.iicm.edu/Cref.m10> "Das kommunistische Manifest enthält eine Geschichtsphilosophie in den Grundzügen, auf der das Programm einer Partei aufgebaut ist. Es ist das seltsamste Schriftstück, das die Weltliteratur kennt. Es strotzt von Irrtümern, von unreifen Ideen, und es ist trotzdem ein unübertroffenes Meisterwerk. Von hinreißendem Schwunge. Mit einem Reichtum an Ideen ausgestattet, der ans Märchenhafte grenzt, zumal wenn man sich klar macht, daß seine Verfasser junge Leute waren, die in den zwanziger Jahren standen. Manche Erkenntnisse, die es enthält, sind von geradezu hellseherischer Weisheit eingegeben. Man hat gesagt, daß alles Wissen vom Wesen der modernen Geselslchaft im kommunistischen Manifest eingeschlossen sei. Das ist in der Tat bis zu einem gewissen Grade richtig: nur ist alles ganz aphoristisch, nur flüchtig gestreift. Aber wer auch jahrzehntelang sich dem Studium der sozialen Dinge mit Fleiß gewidmet hat: er findet immer wieder neue unerwartete, unerhörte Wahrheiten im kommunistischen Manifest. Auch Marx und Engels haben in ihren späteren Werken nur näher ausgeführt, was sie in diesem genialen Jugendwurf der Welt geschenkt hatten." (Sombart 1908a:60). Aktuell siehe dazu (Ganssmann 1998a)

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