Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Wie kann eine bestimmte Philosophie evaluiert werden?


Darauf berief sich schon Engels (1970a): The proof of the pudding is in the eating. Wirk­lich­­keit und Wahrheit einer Philosophie liegen in ihren praktischen Anwendbarkeit. Dieser Ve­r­weis auf in­dustrielle Anwendung geht einen großen Schritt über Chur­chills Argument der ma­schi­nel­len Prüfbarkeit von Theorien hinaus, welches Popper (1973a:43) als erkenntnisthe­or­eti­sche Idee ge­feiert hat. Worin besteht aber die be­son­dere erkenntnistheoretische Leistung einer ma­schinellen Prüfung? Diese ver­mag im Idealfall einen beherrschten technischen Prozess [1]) zu liefern, wel­cher ein objektives, d.h. intersubjektiv reproduzierbares Modell der Metamor­pho­sen ei­ner Sub­jekt/Objekt-Dialek­tik darstellt.

Demgegenüber unterstreicht Popper:

„no theory of knowledge should attempt to explain why we are successful in our attempts to explain things” (Popper 1973a:23)

Folglich stellt Zahar (1998a:110) anscheinend zurecht heraus, dass für Popper we­der Beobach­tung [2]) noch technologische Anwendbarkeit ein geltungsfähiges erkenntnistheoretisches Ar­gu­ment darstellen. Daraus folgert er:

„Thus sustained technological progress becomes an ongoing miracle.”

Denn Logik sei so konstruiert, dass innerhalb derselben nur Aussagen begründen oder wider­legen können. Beobachtungen oder andere nichtlogische Entitäten können in solchem Sinne kei­nerlei logische und somit keine erkenntnistheoretische Dignität beanspruchen. Zahar (1998a: 110ff) zieht daraus die Konsequenz: er geht dazu über, Popper phänomenologisch zu ergänzen. Ob dies jedoch unbedingt erforderlich, erscheint mir doch sehr fragwürdig zu sein. Poppers (1973a:146ff) 3-Welten-Theorie kann als ein erkenntnistheoretischer Lösungsversuch genau desselben Problems interpretiert werden.

„Trotz jeder künftigen Systematisierung ist die Struktur der Metaphysik keine wis­senschaftliche, apo­dik­tische, sondern eine dialektische, im sokratischen und aristotelischen Sinne dieses Wortes. Es han­delt sich nicht, wie im modernen Ge­brauch oder Missbrauch der Dialektik, um einen Prozess, der durch die Hin­dernisse hindurch notwendig zu seinem Ende führt, sondern um eine offene und ständig offen ge­haltene Struktur: diejenige eines Dialogs ohne Schluss, wie in den sogenannten kleinen sokratischen Dialogen Platons oder wie in der Tra­gö­die, deren theoretische Übertragung die aristotelische Lehre der Aporie zu sein scheint.“ (Aubenque 1961a:324)



[1]) wie z. B. in der Programmierung eines expert system (Barr, Feigenbaum 1981a:9)

[2]) "So ist die Beobachtung eine problemgesteuerte Handlung; eine Handlung, die von einer zusammenhän­gen­den Struktur von Erwartungen gesteuert wird (von einem 'Erwartungs­hori­zont'...)." (Popper 1979a:68)

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