Wenn es um den kritischen Vergleich eines dialektischen Systems mit einer Art von formaler Logik geht, so handelt es sich stets um den Vergleich zweier unterschiedlicher (Teil-) Sprachen. Dieser ist nicht möglich, ohne auf den jeweiligen Zweck einer bestimmten Sprache zu reflektieren; und dabei muss außerdem noch beachtet werden, dass weder Dialektik noch Logik vollständig abgeschlossene Sprachen darstellen (Ajdukiewicz 1934a, b; 1935a). Gerade dialektisches Denken stützt sich auf sprachlich und philosophisch vorgegebenes Material des Denkens, ist also über diese Nabelschnur mit Sprechen außerhalb eines bewusst dialektisch-philosophischen Kontexts verbunden. Wäre dies nicht der Fall, so bräuchten wir auch nicht spekulierendes Schwimmen zu lernen, sondern würden gleich als Walfische geboren. Aber auch die müssen bekanntlich ab und zu wenn auch nur zum Luftschnappen an die Oberfläche kommen.
Sprache ist nicht wie Logik (d.h. eine konfuse Abart davon), sondern Logik ist wie Sprache (d.h. bestimmte argumentative Aspekte von Sprache stark spezialisiert).
Beide sind letztlich durch unsere Umgangssprache ergänzungsbedürftig. Es kann daher nicht darum gehen, die uns allen gemeine Sprache durch Logik oder Dialektik zu ersetzen, sondern die eigentümliche Funktionen von Dialektik und von formaler Logik, insofern sie beide in unserem gewöhnlichen Sprechen und Handeln gegründet sind, zu bestimmen.
Wie jede empirische Anwendung eines Modells, so muss auch die Rekonstruktion eines Arguments seine externe Validität im Hinblick auf den rekonstruierten sprachlichen Kontext nachweisen. Ein solcher Nachweis kann aber niemals innerhalb derselben Modellsprache erfolgen.
Jede konkrete Anwendung eines symbolischen Formalismus arbeitet mit einer impliziten ceteris-paribus-Klausel. Formalisten können legitimer Weise nur innerhalb ihres Symbolismus argumentieren. Eine stillschweigende Ausdehnung ihres Arguments auf undefinierte Bereiche beruht daher prinzipiell auf dem Fehlschluss der misplaced concreteness. Dieser Fehlschluss ist aber mehr oder weniger als methodenbedingt anzusehen und immanent nicht zu vermeiden, wenn man aus dem Bereich des Modelldenkens nicht herauszutreten vermag.
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