Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Logik ist wie Sprache

Wenn es um den kritischen Vergleich eines dialektischen Systems mit einer Art von formaler Lo­gik geht, so handelt es sich stets um den Vergleich zweier unterschiedlicher (Teil-) Spra­chen. Dieser ist nicht möglich, ohne auf den jeweiligen Zweck einer bestimmten Sprache zu reflektieren; und dabei muss außerdem noch beachtet werden, dass weder Dialektik noch Lo­gik vollständig ab­geschlossene Sprachen darstellen (Ajdukiewicz 1934a, b; 1935a). Gerade dia­lek­tisches Denken stützt sich auf sprachlich und philosophisch vorgegebenes Material des Den­kens, ist also über diese Nabelschnur mit Sprechen außerhalb eines bewusst dialektisch-philo­so­phischen Kontexts verbunden. Wäre dies nicht der Fall, so bräuchten wir auch nicht speku­lie­rendes Schwimmen zu lernen, sondern würden gleich als Walfische geboren. Aber auch die müs­sen bekanntlich ab und zu wenn auch nur zum Luftschnappen an die Oberfläche kommen.

Sprache ist nicht wie Logik (d.h. eine konfuse Abart davon), sondern Logik ist wie Sprache (d.h. bestimmte argumentative Aspekte von Sprache stark spezialisiert).

Beide sind letztlich durch unsere Umgangssprache ergänzungsbedürftig. Es kann daher nicht darum gehen, die uns allen gemeine Sprache durch Logik oder Dialektik zu ersetzen, sondern die eigen­tümli­che Funktionen von Dialektik und von formaler Logik, insofern sie beide in un­se­rem gewöhnlichen Sprechen und Handeln gegründet sind, zu bestimmen.

Wie jede empirische Anwendung eines Modells, so muss auch die Rekonstruktion eines Ar­gu­ments seine externe Validität im Hinblick auf den rekonstruierten sprachlichen Kontext nach­weisen. Ein solcher Nachweis kann aber niemals innerhalb derselben Modellsprache erfol­gen.

Jede konkrete Anwendung eines symbolischen Formalismus arbeitet mit einer impliziten ce­te­ris-paribus-Klausel. Formalisten können legitimer Weise nur innerhalb ihres Symbolismus ar­gumentie­ren. Eine stillschweigende Ausdehnung ihres Arguments auf undefinierte Bereiche be­ruht daher prinzipiell auf dem Fehlschluss der misplaced concreteness. Dieser Fehlschluss ist aber mehr oder weniger als methodenbedingt anzusehen und immanent nicht zu vermeiden, wenn man aus dem Bereich des Modelldenkens nicht herauszutreten vermag.

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