Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Das Problem der Induktion


Popper beansprucht, das Problem der Induktion dadurch gelöst zu haben, dass er es 1. als lo­gisch unlösbar und 2. in das Problem der Demarkation von Wissen­schaft umformuliert hat. Das In­duktionsproblem ist aber genau genommen dieses: Vom Einzelnen aufs Allgemeine zu schließen ist nach den Regeln der deduktiven Logik unmöglich. Dennoch tun wir nicht ge­nau dieses, aber ähnliches fortlaufend, und zwar unausweichlich, im­mer wenn wir von Bekann­tem auf Unbekanntes, von Vergangenem auf Zukünftiges in einer gewis­sen Weise „schließen“.

Eine „Induktion“ [1]) im Sinne einer Verallgemeinerung einer wahren Tatsachen­behauptung hin zu einer universellen Aussage ist im Rahmen der deduktiven Logik nicht zwingend darleg­bar. Pop­pers Falsifikationismus stützt sich daher auf die logi­sche Asymmetrie von Bestätigung und Wider­le­gung: Nur ein Schluss von der Falsch­heit einer Tatsache auf die Falschheit der die­ser entspre­chen­den universel­len Aussage ist logisch zwingend. Im Hinblick auf den Stel­len­wert von Bewäh­rung („corroboration“) von Hypothesen ist Popper jedoch systematisch un­klar. Er schwankt zwi­schen einer empiristischen Einstellung und einer Einstellung, wonach Be­wäh­run­­gen eigentlich wis­senschaft­lich wenig interessante Abfallprodukte des Er­kennt­nis­fort­schritts sei­en. Erstrebt werden in erster Linie Widerlegungen! Agassi (1975a) hingegen gibt die­ser Me­tho­dologie folgende stra­te­gische Wen­dung: Um Bestä­ti­gun­gen zu erhalten, müssen wir die stärk­sten Widerlegungen ver­su­chen. Dabei ist streng zwischen den Kriterien zu un­ter­scheiden, die zum einen für Wissenschaft, an­dererseits für Technologie und Technik gelten.


[1]) Am Wörtchen "schließen" hängt hier selbstverständlich vieles, wenn nicht alles. Wer sich al­lein am Be­zugs­rah­men der logischen Deduktion orientiert, kommt nicht über die Vorstellung hin­aus, dass gehalts­er­wie­ternd­e Schluss­regeln logisch unmöglich sind. Doch schon wer metaphysische oder andere Zusatzprämissen ins Spiel lässt, kann eventuell interessante Schlüsse ableiten. Der Streit kann sich dann natürlich daran ent­zün­den, welcher Art Zu­satzprämissen fruchtbar sind. Au­ßer­dem kann man sich evtl. auch mit den mehr oder min­der zufälligen Er­gebnissen begnügen, wel­che heuristische Entdeckungsverfahren zu liefern in der Lage sind (Serebrjannikov 1974a). Es ist da­her ohne weiteres zu begrüßen, dass sich ein Zweig der Künstlichen-In­tel­li­genz-Forschung in die­ser Weise mit Fra­gen und Verfahren der Induktion auseinandersetzt.

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