Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Wie rational ist der Markt?

Heute aber, nach dem Abgang der Sowjetunion als Muster des realen Sozialismus, Smith als der bessere Prophet hervorgeholt (Yardeni, Moss 1990a). Wenn man Smith jedoch nicht einfach als Ideologen eines kapitalistischen Optimismus missbrauchen will, muss die Soziologie des Marktes (Albert 1964c) systematisch erforscht werden, schon um den Verdacht Marxens zu wi­derlegen, hierbei handele es sich um nichts anderes als eine Form der Herrschaft der Dinge über den Menschen. Dieser heute immer wieder nahe gelegte Vergleich zwischen der Seherga­be oder Visionskraft von Smith und Marx ist natürlich in dieser Form weit von wissen­schaf­li­cher Objektivität entfernt und bedürfte zumindest genauerer Kriterien und Untersuchungen:

"Unlike Smith, who predicted full employment with stable growth benefiting all social classes, Marx predicted growth punctuated with increasingly severe pe­riods of depression, long-term increasing unemployment, and long-term con­cen­tration of wealth in the hands of a smaller class of owners of the means of the production." (Hudelson 1996a:117)

Produktionsfaktoren verschwinden gemäß dieser Logik vom Markt, sobald sie niemand mehr haben will, bestünden diese auch in Arbeitskräften. Die Frage stellt sich aber, ob die Marktrati­o­nalität, so wie sie historisch kontingent abläuft, die von uns gewünschte Art von Rationalität ist.[1])

"Geschäftige Torheit ist der Charakter unserer Gattung." (Kant XI:354)

Wie rational oder besser: pervers ist denn ein Allokationsmechanismus zu nennen, welcher die Bedürfnisse der Menschen am ehesten befriedigt, die dieser Befriedigung am wenigsten be­dürfen? Oder Menschen dafür bezahlt, dass sie nicht arbeiten, obwohl wir in einer Welt der Knappheit leben? Wie jeder potentielle Kreditkunde oder Existenzgründer erfahren kann, geben Banken mit Vorliebe gerade den Leuten Geld, die solches schon übergenug haben.

"Der Markt ist aus soziologischer Perspektive eine erwerbsstrukturierende In­sti­tution unter anderen - wenn auch eine äußerst bedeutsame. Die Annahme, die­ser Marktmechanismus set­ze sich angesichts von globalisiertem Wettbewerb in the long run gegen die 'institutionellen Begrenzungen' durch, ist eine Hypo­the­se, die aus soziologischer Sicht dem Markt eine a priori nicht begründete und be­gründ­bare Sonderstellung gegenüber den anderen erwerbs­struk­tu­rierenden In­stitutionen einräumt." (Pries 1998a:171f)



[1]) "Among economic systems capitalism is the manic-depressive patient: exuberance, unbridled optimism, and euphoria—followed by gloom, listlessness, and depression. But no matter how of­ten the cycle is repeated the patient always believes the latest boom will last forever, only to feel foo­lish again when the bubble bursts. And no matter how often the patient reverts to manic be­ha­vior when taken off medication, the economic 'psychiatric' establishment eventually succumbs to the patient’s pleas to be taken off medication during the 'ups'—freeing the exuberant economy from po­licy restraints—only to insist on placing the patient back on meds— re-application of ne­ces­sary policy protections—when the unmedicated patient inevitably 'crashes.'" (Hahnel 1998a)

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