Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Main Stream Ökonomen als Modell von Methodologie

Aus An­nah­men, über die man sich einig ist, und wenn auch nur für die Dauer ei­ner Diskussion oder eines Modellspiels, werden leicht Dogmen. Man braucht nur diejenigen fernzuhalten, welche nicht daran denken, sich an die Spielregel zu hal­ten und diese Annahmen in Frage stellen. Wer gegen die Regeln der Konversation verstößt, gilt auch in Wissenschaftlerkreisen leicht als Fle­gel. Dann verhilft nur noch die Entfer­nung des Störenfrieds, das akademi­sche Idyll zu erhalten.

So ist etwa Weimann (1989a) so frei, sei­ner Methodologie das neoklassische Pa­radig­ma samt der Ziel­setzung der Le­giti­mierung dezentraler Al­lo­ka­tionsmechanis­men als verbindlich vorzu­schrei­ben - und das wohl­ge­merkt, um die empirische Ori­en­tie­rung überflüssig zu ma­chen! Hier spricht ein junger Ökonom offen aus, was Myr­dal (1932a) und Al­bert (1954a) noch ein um­ständ­lich nach­zuweisender Ideolo­gie­verdacht bleiben musste. Zu diesem küh­nen metho­do­lo­gi­schen Wurf stellt sich nur die Frage, worin sich Weimanns Projekt noch unterscheidet von ei­ner Sek­ten­gründung, einem ähnli­chen kulturellen Unternehmen wie ei­nem Kirchenchor oder einem Schach- oder Computerklub? Wieso und mit welchem Recht soll aus­gerech­net dieser Hobby­klub besonders ge­fördert werden? Und ist dieses Argument dann nicht geglückt?! - "Kein Ökonom hält sich an Poppers Falsi­fi­katio­nis­mus!" (Mül­ler-Goddefroy 1985a) Die Schlussfolgerung liegt zumindest für Ökonomen auf der Hand: Eine Methodologie, der nie­mand folgt, kann nicht vernünftig sein. Schließ­lich gab es die neoklassische Ökonomie schon vor Popper, und alles klapp­te wie am Schnürchen: ein Modell folgte dem anderen und das Argu­ment wurde immer feiner ausge­spon­nen. Nur ein paar Unbelehrbare, denen es wahr­schein­lich schon von zu Hause aus am mathematischen Scharf­sinn oder am Eros zur Ver­sen­kung in die Tie­fen der oeco­no­mia pura mangelte, fragten von Zeit zu Zeit nach dem Sinn die­ser Be­schäf­ti­gung. Während eine sol­che Sichtweise jeden Ökonom befriedigt, weil sie ihm das höch­ste Gut je­des Wissenschaftlers, nämlich seine Seelenruhe, be­lässt, ist ein Methodologe, der etwas auf sein Spezialfach hält [1]), ei­ne ganz an­dere Schluss­fol­ge­rung zu ziehen geneigt. Al­ler­dings haben sich die Vertreter der Grenz­nut­zent­heo­rie nur höchst sel­ten nach dem Grenznut­zen ihrer Theorie gefragt. Wer lässt sich aber schon ger­ne seine be­währten Methoden von an­dern Leuten miesmachen? Und noch dazu von solchen, die vom fach­wissen­schaft­lichen Ge­schäft keine Ahnung haben können! Da muss ein Wissenschaftler schon schwer in sei­ner Seele erschüttert sein, um auf das Gerede von Philosophen [2]) acht zu ha­ben. Ein Metho­do­loge wird wie der Pfarrer immer erst dann ge­ru­fen, wenn das letzte Stündlein eines theoretischen Paradig­ma ge­schlagen zu haben scheint - oder dann und wann, wenn es etwas Beson­deres im Krei­se der Familie mit of­fiziellem An­strich zu feiern gilt. So schwankt der kundenorien­tierte Metho­do­loge zwischen der Rolle des See­lentrösters und des Lobhudlers. Beliebter als Ärzte sind aber im­mer die eigenen Haus­mittelchen.

"In der Volkswirtschaft scheint es für den Beruf oft von größerem Nutzen zu sein, einer zwar falschen, aber doch höchst respektablen Theorie zu huldigen, als im Besitz der sicher erwiesenen Wahrheit zu sein." (Galbraith 1970a:8)

Aus der Reinheit der Theorie folgt, dass die Praxis ein schmutziges Geschäft sein muss.


[1]) ein Tum­melplatz von Dilettanten: Metho­dologie (Schumpeter 1965a)

[2]) „Und den Fachkollegen meiner Generation möchte ich sagen (...), dass man nicht wissen­schaft­lich ‘am En­de’ zu sein braucht, wenn man anfängt, sich über gewisse Zusammenhänge Ge­dan­ken zu machen." (Krelle 1964a: 238, Anm.1)

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