Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Die Problemstellung der Klassischen Nationalökonomie

Die besondere Problemperspektive der klassischen Ökonomie beschreibt Skourtos (1985a) folgen­der­maßen:

Wie hoch ist der Surplus, der in dem sich reproduzierenden kapitalistischen Wirtschaftssystem geschaffen wird?

Wie verteilt er sich zwischen Lohnarbeit, Kapital und Grundeigentum?

„Wir befinden uns jetzt mitten in Deutschland! Wir werden Metaphysik treiben müssen, wo und während wir politische Ökonomie treiben. (...) Wenn der Engländer die Menschen in Hüte verwandelt, so verwandelt der Deutsche die Hüte in Ideen. Der Engländer ist Ricardo, der reiche Bankier und ausgezeichnete Ökonom. Der Deutsche ist Hegel, simpler Professor der Philosophie an der Universität zu Berlin." (MEW 4:125)

„The direct relationship of labor to its products is the relationship of the worker to the objects of his production. The relationship of the rich man to the objects of production and to production itself is only a consequence of this first relationship, and confirms it. Later, we shall consider this second aspect. Therefore, when we ask what is the essential relationship of labor, we are asking about the relationship of the worker to production." (Marx ÖPM:513f)

Demnach ergriff der verwegene Marx schon im „Elend der Philosophie" im Laufe seiner Ausein­an­der­setzung mit Proudhon die Gelegenheit, deutsche Metaphysik mit englischer Nationalökonomie zu konfrontieren und schien schon halbwegs vorauszuahnen, wie befremdlich all dies einem stock­nüch­ternen Briten vorkommen musste. Es nimmt daher wenig wunder, dass einem studierten Öko­nomen vom Fach der Cocktail, der dabei im Laufe von über 15 Jahren herauskam, schon beim ersten Schluck kräftig aufgestoßen ist. Die marxsche Arbeitswerttheorie (in Folge abgekürzt: AWT) wurde denn auch von der Linkskeynesianerin Robinson (1966a) erst einmal als ein phänomenal-kon­ti­nen­ta­ler Mystizismus angestaunt und dann unverzüglich als für den ausschließlich biedere Hausmannskost gewöhnten britischen Magen unverdaulicher „Hegelian stuff and nonsense" abgetan, von welchem Ur­teil insbesondere Bd. I des „Kapital" sich betroffen sah. Hierin zeigt sich aber nur wie­der wie selten deutlich die Arroganz des naiven Positivismus, der alles philosophisch Unver­ständ­li­che einfach als überflüssigen Unsinn eliminiert. Dass sie vielleicht eine „Übersetzung" der in der tra­di­ti­onellen phi­lo­so­phi­schen Sprache gehaltenen Darstellung in die zeitgenössische neopositivistische Ter­mi­nologie be­nötige, dieser Gedanke ist Robinson anscheinend nicht gekommen. Was Marx im Bd. I ab­handelt und Robinson nur als „Metaphysik" aufstößt, sind Fragen der Methodologie und der Mo­dell­konstruktion sowie von Institutionalisierung und Werttheorie, die auch Robinson als Ökonom in­teressieren sollten. Der Grundirrtum des Metaphysik-Vorwurfs liegt aber darin, dass er die explizite Me­taphysik der über­lie­ferten Ökonomie grundlos anprangert, jedoch die eigenen metaphysischen Vor­aussetzungen nicht sieht oder sehen will. Eine solche Prämisse besteht beispielsweise schon darin, dass Robinson von ei­ner Ontologie deutlich unterscheidbarer ökonomischer Beziehungen ausgeht, die der Ökonom nach Be­lieben mit seinem logisch-mathematischen Instrumentenkasten traktieren kann. So­wohl der Öko­nomismus wie der Instrumentalismus lassen sich mit guten Gründen bestreiten. Ver­ständ­lich wird dann aber, dass ein Lesen mit diesen Scheuklappen vor Augen mit Band I wenig anzufangen weiß.

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