Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Wel­cher Art sind dialektische Wider­sprüche?

Die Rolle des Widerspruchs bei Hegel

Vor allem wäre erst einmal in einer gründlichen Unter­suchung nach­zu­weisen, welche Rolle Kontra­dik­tionen innerhalb der Methodologie Hegels spiele.
Vor allem:

Wel­cher Art sind dialektische Wider­sprüche?

Man muss sich hüten, Hegels Po­lemik gegen die formale Lo­gik zu wörtlich zu neh­men. Es ist anzunehmen, dass auch Hegels Dialektik prinzipiell nicht um eine Mi­ni­mallo­gik herumkommt. Nun hat Poppers Explikation der hegelschen Dialektik durch sein aussagen­lo­gisches Modell ja den Zweck scheinbar doch erfüllt, eine Kon­tradiktion nachzuwei­sen, indem sie einfach die aus­sagenlogische Kontradiktion als das Wesen der Dialektik postulierte. Zynischerweise könn­te man daher sagen, Popper habe damit sein Ziel des Nachweises der Irratio­nalität zu 100 % er­reicht. Offenbar kann sich Poppers Explikation auf gewisse Deklarationen Hegels und ei­niger dem nachfolgender Marxisten stützen, welche Dialektik und formale Logik ein­ander als un­ver­einbar (widersprüchlich?!) gegenüberstellen oder das Kontra­dik­tionsverbot aufheben wollen. Die­se De­klarationen sind aber wenig wert in Anbe­tracht der Unklarheit derjeni­gen, die da so spre­chen, ge­rade über das, wovon sie sprechen. Es wäre daher zur Verdeutlichung des gemein­ten Streitfalles immer auch die praktizierte Methodologie heranzuziehen. Meist sind diese De­klarationen nicht über mehr als ein Programm zu einer Logik hinausgekommen.

So zahlt Poppers Explikationsversuch ihren leichten Sieg damit, das in Frage ste­hende Pro­blem zu trivialisieren. Anscheinend ging es hierbei nicht mehr um Philo­sophie, sondern um Rhetorik, ge­mäß der Zielsetzung einer „Kampfinterpretation“: Wie stelle ich die gegnerische Position mög­lichst so dar, dass ihre Irrationalität so­fort in die Augen springt? Es ist daher gut das Argument der Verteidiger dialek­ti­schen Denkens nachzuvollziehen, dass eine derartige Formalisierung nicht schon den Gedanken dialektischer Methode erfasse. Man darf es sich je­denfalls nicht so leicht ma­chen und einfach Poppers Kritik folgen, Hegels Dialektik sei nichts als eine reine Immunisierungsstrategie. Denn Hegels dialektische Methode ist nicht nur äu­ßer­lich kritisierbar, sondern auch immanent widerlegbar, wie Marx in seiner „Kritik des He­gel­schen Staatsrechts“ ge­zeigt hat. Widerlegbar, indem man sie an Hegels Ansprüchen an sei­ne eigene Methode misst, und darüber hinaus zu­mindest noch widerlegbar durch die Konfron­ta­tion mit den Anforderungen einer Mi­nimallo­gik. Laut Kuhn arbeiten Wissenschaftler nach einem Paradigmawechsel, der stets als ein Gestaltwechsel aufgefasst werden müsse, in einer an­deren Welt (An­dersson 1988a:36f). Was ist dies aber anderes als eine moderne Formulierung der he­gelschen Subjekt-Objekt-Dialektik? Dem­zufolge sind auch die philosophi­schen Prä­mis­sen dieser Methode kritisierbar, aber freilich nur für einen Philoso­phen.

Die durch Dialektik aufgeworfene Problematik erstreckt sich zumindest auf fol­gen­de Gebiete der philosophischen Interpretation, bzw. Systematologie sowie der Rekonstruktion von Be­griffs­lo­gik und der davon betroffenen soziologischen Theo­rie­bildung:

Ist eine (evtl. Minimal-) Logik denkbar, welche auf das Kontradiktionsverbot ver­zichtet?

Wie vollzieht Hegel in seiner Begriffslogik den dialektischen Übergang zwischen seinen Ka­te­go­rien?

Worin besteht die antinomische Struktur philosophischer Systeme?

Inwieweit ist Marxens Dialektik im „Kapital“ materialistische Dialektik?

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