Thesen über Popper (8)

Bezogen auf die Fragwürdigkeiten unserer gegenwärtigen Gesellschaft [1]) prä­sen­tiert sich Pop­­pers retrograde Ideenpolizei, welche sich von Platon und Ari­stoteles beginnend bis über He­gel und Marx erstreckt, mehr als eine Form wäh­rend des Kal­­ten Krie­ges gepflegter Schuld­zu­weisungen, als dass er sich als ein Beitrag zur all­seits dringend erforderlichen politischen Auf­­klärung profilierte. Man muss die Fra­ge stellen, ob die „euroatlantische Gesellschaft“ [2]), die in den letzten 50 Jah­ren das Welt­system unter der dominanten Perspektive des Ost-West-Ge­gen­­satzes er­lebt hat, von welchem antikommunistischen Diskurs nun Poppers Sozialphi­lo­so­phie bis in alle Ewig­­keit [3]) Zeugnis ablegen wird, denn wirklich eine politische und rationale Be­­wäl­ti­gung sowie ein historisches Verständnis von „Totalitarismus“ gelei­stet hat und nicht selbst mit ihren anti-totalitären Assoziationsmustern unter dem Schock [4]) dieser geschicht­li­chen Erfahrungen denselben immer noch traumatisch verhaf­tet geblieben ist - kognitiv-emotionale Muster [5]), durch die wir heute noch Ge­fahr lau­fen, das Übel selbst in einer schlimmen self-fulfilling prophecy zu repro­du­zie­ren [6])- da schon wieder, wenn auch andere, so­zi­a­le Bedingungen für das Anwachsen von politischen Irrationalismen in unserer welt­po­li­ti­schen Gegenwart vorhan­den sind. [7])

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[1] ) insbesondere im Hinblick auf den geistigen Mehltau der ver-Kohl-ten Tendenzwende:

"KOHL: Der hat doch das Geschäft nicht vermittelt, wie kommen Sie mir denn vor. Die Entscheidung Spür­pan­zer zu liefern hat doch mit dem Herrn überhaupt nichts zu tun. Entschuldigung, ich war nicht für Thyssen ar­bei­ten, ich bin der deutsche Bundeskanzler gewesen."
In der ZDF-Sendung “Was nun, Herr Kohl?” hat der Altkanzler am 16. Dezember zugegeben, dass er zwischen 1993 und 1998 Spenden von 1,5 bis 2 Millionen Mark illegal angenommen hat. ZDF.MSNBC dokumentierte das Interview von Klaus Bresser und Thomas Bellut mit Helmut Kohl im Wortlaut:

[2] ) "Dies gilt in erster Linie für das Strategische Konzept. Es verordnet der Nato, deren Auftrag bisher auf die Bündnisverteidigung beschränkt war, nun auch noch den Zweck, Krisen und Konflikte im euroatlantischen Raum zu verhüten oder zu bewältigen, auch durch 'Krisenreaktions-Unternehmen'. Offen bleibt dabei, wie weit eigentlich der geographische Gummibegriff 'euroatlantischer Raum' reicht; im Kern geht es wohl nur um die 'Pe­­ripherie des Bündnisses', um Europa also. Es wird auch nicht gesagt, was eigentlich die Nato praktisch gegen 'eth­­nische und religiöse Rivalitäten, Gebietsstreitigkeiten, unzureichende oder fehlgeschlagene Reformbe­mühun­gen, Menschenrechtsverletzungen und die Auflösung von Staaten' unternehmen soll. Schließlich wird nicht aus­buch­sta­biert, was sich hinter der Formulierung verbirgt: 'Die Sicherheit des Bündnisses muss auch den globalen Kon­text berücksichtigen.' Soll das Bündnis also doch Weltgendarm spielen, was die Amerikaner anfänglich durch­­­­setzen wollten? Oder begnügt es sich mit der Rolle des regionalen Streifenpolizisten? Und es bleibt unge­klärt, ob die Nato auf eigene Faust handeln kann oder nur mit dem Segen der Vereinten Nationen; dies soll von Fall zu Fall entschieden werden." (Sommer 1999a)

[3] ) „Ewig währt am längsten.“ Derart Ewigkeit ist eine 3.-Welt-Ewigkeit und ist keinesfalls den anderen 2 Pop­per-Welten zuzurechnen. Der Schutzschild des Raumschiffs Erde ist von absehbar endlicher Dauer; damit auch die Zeitspanne biologi­schen Lebens auf diesem Planeten:
"Dramatischer wären aber die Auswirkungen eines völligen Zusammenbruchs des inneren Magnetfeldes. Es reicht nämlich weit in den erdnahen Weltraum hinaus und verbindet sich dort mit dem äußeren Anteil zu einem Schild, das die Erde vor dem direkten Bombardement durch ionisierende Strahlen von der Sonne und aus dem Weltraum schützt. Diese Magnetosphäre würde dann ebenfalls zusammenbrechen und alle Lebewesen auf der Erde einer erheblich höheren Strahlendosis aussetzen. Dass sich das Magnetfeld stark ändert, gilt jedenfalls als unstrittig." Horst Rademacher, Kollaps des Erdmagnetfeldes in 2000 Jahren? Schutzschild gegen ionisierende Strahlung aus dem Weltraum. Rasche Abnahme der Feldstärke, FAZ 08.03.2000

[4] ) Naumann (1998a) glaubt zum Gedenkjahr 1995 (50 Jahre nach 1945) eine Verschiebung vom (tabuisierten) Ritual zum Diskurs, vom Gedenken zum Erinnern konstatieren zu dürfen; vgl. auch die Besprechung von Münk­ler (1998a).
Siehe dazu auch: Roger de Weck, DIE ZEIT 1999, AUSGABE 41, 07.10.1999: "Der Kulturkampf. Günter Grass, Jürgen Habermas - und ihre Widersacher"
"'Gedenkorte für die Opfer des Nationalsozialismus in Sachsen-Anhalt'. Diese 132 Seiten umfassende Broschüre, versehen mit einem Geleitwort von Ministerpräsident Reinhard Höppner, haben alle Schulen dieses Bundeslandes erhalten. Dr. Gerd Harms, Kultusminister in Sachsen-Anhalt, äußert in einem Brief an die Lehrkräfte des Landes die Auffassung, dass ein solches Nachschlagewerk in die Lehrerzimmer der Schulen gehört. Er schrieb dass Gedenkorte zu den außerschulischen Lernorten gehören und durch ihre regionalgeschichtliche Einbettung historisches Lernen konkretisieren und ein lebendiges Geschichtsbewusstsein ausprägen können...Das Nachforschen in der Geschichte der eigenen Familie, der eigenen Schule oder der eigenen Stadt befördere die Herausbildung von Einstellungen und Haltungen, die unsere Jugend standhafter machen können zur Bewältigung aktueller Gefährdungen."
Einige Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit dem heutigen Rechtsextremismus

[5] ) "The European consciousness is so concerned about escaping from these events that any form of racism or natio­nalism is now called neonazism. It works as though by resorting to the label we could scare away the feared re­pe­tition of the horror. However well meaning, this categorization fosters the impression that racism and genocide were invented in Europe in the twentieth century." (Delgado-Moreira 1997a)

"But the Rwandan genocide, and as we shall see, Hindu nationalism also signal the possibility that those national and ethnic absolutists who oppose Western 'racial Aryanist' ideas can still create their own totalitarianisms based on their civilizational methodologies." (Bhatt 1999a:71)

[6] ) "»Den Bösen sind sie los, das Böse ist geblieben«, und das Böse ist neunmal schlimmer als vorher, weil sich ihm ohne allen Verdacht und Kritik anvertraut wird ..." Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, S. 11. Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie, S. 41252 (vgl. Hegel-W Bd. 8, S. 16)

[7] ) aktuell siehe dazu "Extremismus auf dem Prüfstand. Europarat zieht Bericht zurück" taz Nr. 5948 vom 25.9.1999 Seite 4