Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Poppers Probleme mit Essentialismus

„Die Menschen sind gut, nur die Leute sind schlecht." (Erich Kästner) [1])

Popper (1994b:177) wendet sich insbesondere gegen die Naivität, dass eine De­finition in dem Sinne richtig oder unrichtig sein könne, als sie das "Wesen" eines Begriffs adäquat wiedergebe. Diese Auffassung taufte er später "Essentialismus".

"wilful" bedeutet nicht dasselbe wie "arbitrary". Dass eine Definition auf einer Wil­lens­­entschei­dung beruht, impliziert keineswegs, dass diese völlig ins subjektive Be­lie­ben gestellt ist.

Das Problem rührt aber daher, dass die Frage des Kontextes nicht beachtet wird. Ein Kontext kann zum Beispiel durch die Angabe eines Explikationskriteriums gelie­fert oder durch den Be­zug auf eine bestimmte Terminologie, Theorie oder Sprache werden. Wird ein solcher Kontext voraus­gesetzt, dann ist es keineswegs mehr un­sinnig, nach der "Richtigkeit" einer Definition zu fragen. Vielleicht wäre aber bes­ser von der "Stimmigkeit" oder der "Zweckmäßigkeit" der­selben zu spre­chen.

"Essentialismus" bestünde dann darin, dass eine bestimmte sprachliche Formu­lierung mit der Behauptung der kontextfreien, insofern absoluten Validität verbun­den wird. Dahinter steht also in diesem Falle die monistische These einer absolut wahren Behauptung. Soweit sich Poppers Kritik gegen letztere richtet, erscheint mir seine Kritik, vom Standpunkt des Fallibilismus aus gesehen, nur zu berechtigt. Man kann jedoch "Wesen" auch in einem weitaus anspruchsloseren Sinne gebrau­chen, zum Beispiel ähnlich wie "frame":

"(...) basically, a frame is a data structure that includes declarative and proce­du­ral information in predefined relations." (Barr, Feigenbaum 1981a:158)



[1]). „Herr Dr. Kästner zählt nicht nur zu den Kulturbolschewisten, sondern er ist selbst Pro­to­typ der Kulturbolschewisten. (...) Kästner kann von Glück sagen, dass man 1933 aus ir­gendeinem Grund vergessen hat, ihn auf eine Reihe von Jahren in ein Konzentrationslager zu sper­ren..." (Mi­nisterialdirektor Berndt, Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda am 18.01.1939, zitiert nach TV v. 20/21.2.1999)

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