Heinrichs (1986a:3f) wendet sich gegen einen Historismus, der sich mit der Philosophie und Geistesgeschichte als einer reichen Materialsammlung begnügt, die es, gleichsam wie ein Sammler mit seinen Briefmarken verfährt, nur zu ordnen und anzuschauen gilt. Letztes Ziel muss dem Philosophen oder Wissenschaftler dagegen das systematische Erkenntnisinteresse bleiben. So wie das historische Interesse Voraussetzung für das systematische und umgekehrt ist, so gefährlich und irreführend wird es, wenn beide unter der Hand eine wilde Ehe eingehen, d.h. miteinander unmethodisch vermischt werden.
„Suitable recognition of the difference between the history and systematics of history might result in the writing of authentic histories.” (Merton 1968a:2)
Poppers Erkenntnisziel ist unverkennbar systematisch und aktuell politisch; dies jedoch über alle Maßen und methodisch so unreflektiert, dass die historische Betrachtung dabei in die Binsen gehen muss. Seine Strategie der historischen Interpretation, bzw. seine eigentümliche Art, Theorie und Geschichte miteinander zu mischen, beliebt nämlich so anachronistisch zu verfahren wie Ein Yankee an König Artus Hof (Mark Twain). Ein solches „modernes Barbarentum“ erschüttert und deprimiert [1]).
Man kann schwerlich Popper von dem Vorwurf des „abstrakten Historizismus“ freisprechen, wie Ilyenkov diesen formuliert hat:
„The result of application of the principle of abstract historicism is this: the history of a certain phenomenon is described in terms of facts pertaining to the history of quite different phenomena, those that merely prepared the emergence of the former phenomenon historically. By this trick, the given concrete historical phenomenon appears to the theoretician either eternal or in any case very ancient, much more ancient than it actually is.” (Ilyenkov 4)
[1]) So ergeht es Heintel (1984a:14), der allerdings keine Namen nennt: „Ist doch für ein an dieser Tradition gebildetes Denken nichts so deprimierend als die - oft im Namen vermeintlich ‘fortschrittlicher’ Wissenschaftlichkeit - propagierten Nivellierungen und Simplifikationen des philosophischen Problembestandes, deren Vertreter bei und trotz aller geschulten Intellektualität ihr ‘modernes’ Barbarentum für jeden Kundigen nur allzu deutlich und oft erstaunlich naiv zur Schau stellen."
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