Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

02.10.2005

Gruppenprozesse und Dogmatisierung

Die wichtigsten Prozesse innerhalb von Wissenschaft können als Wettbewerb und Zusam­men­ar­beit innerhalb einer aufgabenorientierten Gruppe [1]) begriffen werden.

„Wie lassen sich unser Geistesleben und unsere intellektuellen Institutionen so einrichten, dass sie unsere Über­zeugungen, Vermutungen, Maximen, Positio­nen, Quellen für Idee, Traditionen und dergleichen - ob sie begründ­bar sind oder nicht - der größtmöglichen Kritik aussetzen, um so soviel wie möglich in­tel­lektuellen Irr­tum entge­gen­zuwirken und ihn auszumerzen?“ (Bartley 1987a: 123)

Aber die Beziehungen wissenschaftlicher Kommunikation weisen teilweise auch Züge einer Po­lari­sie­rung durch Konflikt auf.

„Attack is followed by counter-attack, with progressive alienation between the parties to the conflict. In due course, since the conflict is public, it becomes a sta­tus-battle more than a search for truth. Attitudes become polarized, and then each group of sociologists begins to respond largely to stereotyped versions of what the other is saying.” (Merton 1968a:53)

Dieser Polarisationsprozess führt durch selektive Rezeption, z.B. Lesen ausge­wählter Lite­ra­tur, und entsprechend stereotypisierter Wahrnehmung von Alterna­tivpositionen zum Aufbau ei­nes Alternativradikalismus anstelle eines problemori­entierten Vergleichs aller re­le­vanten Al­ter­nativen. Durch Reduktion auf eine binäre Logik wird Wahrheitssuche zu einem Null­sum­men­spiel, was zu­gleich das Kogniti­onsproblem immens vereinfacht. In dieser Weise kann auch das Ent­stehen von Dog­­matismus als gruppendynamischer Prozess auf dem Hin­ter­grund gesell­schaft­li­cher Bedingungen begrif­fen werden, wie Mil­ler, Hoff­mann (1999a) zeigen. Hei­manns klarsichtige Diagnose [2]) der Studentenbewegung führt vor Au­gen, wie sich in der Po­la­ri­sie­rung zwischen Rechts und Links die Dogmatisierung des kom­munikativen Ver­hal­tens auf­schau­kelt. Die Reziprozität von Normverletzungen [3]) bedingt eben gerade die Schwierigkeit, aus einem sol­chen Kreislauf der „reciprocation of af­fect“ (Merton 1968a:54) auszubrechen. Entspre­chen­de Bei­spie­le gibt es zuhauf und kann wohl je­der sowohl aus dem vollen Leben wie aus der Literatur grei­fen (z.B. Dahren­dorf 1995, Falke 1999a). Eine sich daraus ergebende Erfahrungsregel lautet: Herr­schafts­struk­tu­ren „demaskieren“ [4]) sich erst im Ausnahmezustand. Das ist das ra­tionale einer Sicht­wei­se der Dinge, wie sie häufig der Strategie außerparlamentarischer Oppo­si­ti­ons­be­wegungen zugrunde liegt. Der wirkliche Inhalt von Begriffen wie „Freiheit“ oder „To­le­ranz“ zeigt sich jedoch immer auch an ihren Grenzen bzw. darin, wie in solchen Grenzsitua­ti­o­nen gehandelt wird. Das ist schließlich auch die Grundlage einer Logik des Konflikts, nach wel­cher pro­vo­ka­tive Strategien einer Systemopposition lawinen­ar­tig in einer self-fulfilling pro­phe­cy Wir­kungs­ketten von Reaktion und Gegenreaktion auslösen kön­nen.

Dies alles macht indessen deutlich, dass Dogmatismus kein bloß individualpsychologisches Pro­blem, das etwa auf bestimmbare („irrationales Gedankengut“) Theorien und/oder beson­ders ge­ar­tete Per­sön­lichkeitsstrukturen [5]) von Intellektuellen reduziert [6]) werden kann, son­dern tie­fer als „the familiar deterioration of standards governing conflictful interaction“ (Merton 1973a: 314) zwi­schen Personen und Gruppen gesehen werden muss. Sicherlich bestehen Wechselbe­zie­hun­gen zwi­schen Individuen und kollektiven Prozessen. Aber erst kollektive Prozesse füh­ren zu den Situ­ationen, in welchen der­ar­tig bestimmte Persönlichkeitsstrukturen und Verhal­tens­muster dominieren können:

„Ist die Kommunikation aber erst einmal zusammengebrochen, ist der Weg frei für autoritäre und sogar totalitäre Einstellungen ...“ (Bartley 1987a:163f)

Argumentieren zielt dann nicht mehr auf das konkurrierende Herausfinden der Wahrheit der wech­sel­sei­tigen Behauptungen, sondern um sich in der Wahrheit der eigenen Position ver­ge­wis­sernd zu be­stärken. Die Kommunikation von Argumenten richtet sich dann nicht mehr auf den Gegner, sondern auf die eigenen Anhänger.[7])

Kommunikationslosigkeit hat sich eingestellt, wenn nichts mehr rüberkommt. Der Dialog ver­kommt zum Monologisieren, wie dies Schelsky (1967a:24) der deutschen Soziologie in sei­ner „Orts­bestim­mung“ schon im Jahre 1959 ins Stammbuch geschrieben hatte. Wurde durch ein sol­ches Ge­ba­ren nur die Ver­säulung [8]) der deutschen Soziologie nach Lehrstühlen und ent­spre­chen­den Schulen mani­fe­stiert? Eine Frage, die sich sicherlich mit inhaltsanalytischen Me­tho­den (Alexa 1997a) an Zitierkar­tel­len und entsprechenden Literaturverzeichnissen über­prü­fen lie­ße. Die be­tref­fende wissenschafts­sozi­olo­gische Fragestellung [9]) überschneidet sich hier mit der einer „Soziolo­gie des Konflikts“ (Krysmanski 1971a). Eine solche Analyse könnte etwa nach Rapoport (1960a) von den Kategorien Kampf, Spiel, Debatte ausgehen.

Niemand darf voraussetzen, dass zu einer effektiven Kommunikation von allen Gesprächs­part­nern die von einem der Gesprächspartner unterstellte Metatheorie übernommen werden müs­se. Ein Fal­libilist kann auch mit einem Dogmatiker noch mit Gewinn diskutieren. Die Re­gel, mit rein­forced dogmatists nicht mehr zu kommunizieren, stellt reinforced dogmatism in Potenz dar! Oder kann man sich einen größeren Dogmatiker vorstellen, der sich mit fest­ste­hen­der Mei­nung zu einem Thema äußert, bevor er sich nach Lage der Dinge, d.h. vor Zur­kennt­nisnahme der auf dieses Problem bezogenen Informationen, überhaupt erst ein Urteil hät­te bil­den können?

Es bleibt es jedenfalls eine Merk­würdigkeit, dass ge­rade die Philosophen, die soviel von der Notwen­digkeit wech­sel­seitiger kritischer Kom­mu­ni­kation reden, solche Schwierigkeiten haben, eine solche Kom­mu­nikation praktisch zu ver­an­stalten, eine Chance zur Kommunikation zu su­chen oder überhaupt für praktikabel zu halten. So muss­te es einen neutralen Beobach­ter sehr wundern, dass die be­rüch­tigte „Positivismus-Debat­te“ (Adorno 1969a) schon in ihrer Kenn­zeich­nung als eine „Debatte“ ein Euphemismus darstellte [10]).

Das Ziel der Wahrheit wird praktisch ersetzt durch das Ziel, die politische Vormachtstellung zu errin­gen bzw. zu erhalten. Zu jedem Konflikt gehört, dass ein Feindbild aufgebaut wird. Hork­heimer und Adorno suchten entgegen anderslautenden Belegen in den 30er Jahren dem Wie­ner Kreis Bezüge der positivistischen Philosophie zum heraufkommenden Faschis­mus nach­zu­wei­sen (Dahms 1994a). In dieser selbigen Traditionslinie wurde Popper von Adorno im sog. „Posi­ti­vis­musstreit“ als Prügelknabe [11]) für den Positivismus hergenommen. Auf der an­de­ren Seite (der lin­ken natürlich) hatte sich der Verdacht gegenüber dem „Mono­pol­plu­ra­lis­mus“ be­fe­stigt, dass er auf ein kritisch-rationales „Politbüro“ hinauslaufe, das mittels existen­ti­ell ab­ge­sicherter Konventionen Ex­klusion aus dem System Wissenschaft bürokratisch zu nor­mieren un­ter­nehme, nach dem Motto: Kritik nach Maß! Unter dem Schlachtruf „Freiheit der Wissenschaft“ wird nur allzu leicht die Freiheit der Indoktri­nation durch die Speerspitzen der Wissenschaft verstanden (Feyerabend 1976a:406), schlimmstenfalls durch eine ganz bestimmte Auslese [12]) von Wissenschaftlern, die sich als die Of­fen­barung der Wissenschaft auszugeben die Macht und Unverschämtheit besitzen. Das Schreck­gespenst einer marxi­stisch unter­wan­der­ten Universität [13]) ist dann jedoch nach der „Tendenzwende“ schlagartig den finanzpoli­tisch un­termauerten „Emp­feh­lungen“ [14]) der Wirtschaftsverbände und Groß­unternehmen gewichen, die Universitäten möch­ten sich doch bitte sehr dem Wettbewerb [15]) stellen, insbesondere dem Di­alog mit ihren „Kun­den“. Darunter ist natürlich vorrangig die Wirt­schaft zu begreifen; die Stu­denten [16]) nur in­so­weit, als diese an ihrer eigenen Akzeptanz durch die Wirtschaft interes­siert werden. Doch auch dem Staat sei am besten durch eine Universität ge­dient, welche sich in den Dienst des Fort­schritts der Wirtschaft stelle. Mit einem Wort: Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut! Und sich am besten gleich die dieser angepassten Strukturen nach DIN EN ISO 9000 [17]) zer­ti­fizieren lassen. Das will heißen, die Kunden fühlen sich schlecht be­dient, zu­mindest noch viel zu wenig umworben.

„Es gibt eine einfache Faustregel, die das gesamte Ensemble von Versuchen, neue Hochschul­steu­er­ungsfunktionen und Verwaltungsmodelle zu imple­men­tieren auf den Punkt bringt. Sie lau­tet: Wenn die Hochschulen einen in For­schung und Qualifikation optimalen ökonomi­schen Nutzeffekt erzielen sol­len, dann müssen sie selber intern wie ein Wirtschaftbetrieb or­ganisiert sein.“ (Bultmann 1998a)

Die real existierende Finalisierung (Hübner 1976a) hat damit das Reifestadium der Massen­pro­duk­tion erreicht. Wenn durch die Forderung nach Wertfreiheit die exogene Steuerung der Wis­sen­schaft abge­wehrt werden soll (Albert 1972c:87): Wer steuert die Wissenschaft denn tat­säch­lich? Ist es nicht viel­leicht die Blauäugigkeit derjenigen, welche so bereitwillig von der Selbst­steuerung der Wissenschaft reden, die die Forderung nach Wertfreiheit so wenig glaub­wür­dig erscheinen lässt?!



[1]) “On January 20, 1992, the Center for the Study of Group Processes was formally estab­li­shed at the Department of Sociology of the Uni­versity of Iowa. This represents an explicit com­mit­ment by the University to provide infrastruc­tu­ral support for multidisciplinary research on group processes. We de­fine "group" very broadly. In­cluded are formal organizations, political groups, families, intimates, social categories and societies. Two issues are especially pertinent to our interests, however: (1) the discovery and analysis of gene­ral principles underlying group processes across diverse empirical settings, and (2) the interplay bet­ween individual and group levels of ana­lysis. The group processes area is inherently interdiscipli­na­ry, offering a broad, theme under which a variety of strands may be unified. For example, it may subsume sociological work on status, pub­lic goods research by economists, political scientists' in­ter­ests inthe balance of power and deterren­ce in international settings, communications research on interpersonal strategies, organizational scho­lars' research on group decision making, and psy­cho­logical work on social judgments. The role of group processes in human behavior is a funda­men­tal, cross-cutting issue for the social sciences.

The Center places a strong emphasis on theory-driven research, that is, conducting tests of group process theories, developing innovative methods and procedures for doing so, and employing and /or devising rigorous and appro­pri­ate analytic and statistical tools. In addition to consolidating ongoing group processes research by members of the So­ciology faculty, the Center seeks to mobili­ze an interdisciplinary community of scholars on the University of Iowa campus. Doing so will cry­stallize the complementary strengths of several departments including Sociology, Commu­nication Studies, Economics, Management and Organizations, Political Science, and Psychology.”

[2]) "Denn damit wird eine das liberal-pluralistische System ernsthaft bedrohende Polarisierung in unserer Ge­sell­s­chaft vertieft und verfestigt, die weit schwerwiegender ist als die im Bereich der Wissenschaft fest­ge­stellte 'pole­mi­sche Isolation' und 'Kommunikationslosigkeit' zwischen kontroversen Wis­senschafts­konzep­tionen oder auch nur zwi­schen Wissenschaftlern, die sich nichts zu sagen ha­ben oder sich nicht vertragen können, nämlich eine 'pole­mi­sche Isolation' und 'Kommunika­tions­losig­keit’ zwischen den Repräsentanten unserer Demokratie und andererseits dem größten Teil der vom Den­ken der Neuen Linken geprägten und oppositionell eingestellten jüngeren Genera­tion." (Hei­mann 1974a:29)

[3]) "Denn: warum wurde der Student Ohnesorg erschossen? Weil es bei den Demonstrationen ge­gen ein fremdes autoritäres Regime zu einer Eskalation kollektiver Hysterie zwischen Studenten und Polizisten kam, die ihren Grund selbst wieder in einer bestimmten latenten Disposition auf bei­den Seiten hatte. Nichts anders wurde auch der Student Dutschke angeschossen, weil es ganz of­fenbar in unserem Lande Rückstände von Führerkult und Kommunistenhass gibt, für die jeder ra­dikale Sozialist ein verkappter Kommunist, und für die noch immer ein guter Kommunist ein to­ter Kommunist ist." (Maihofer 1970a:96)

[4]) „Der Ablauf staatlicher Reaktionen in Krisen erhellt dabei schlagartig den Charakter der po­li­tischen Institu­ti­o­nen insgesamt." (Blankenburg 1980a:8)

[5]) die „autoritäre Persönlichkeit" oder die Dogmatismus-Skala von Rokeach (1960a), auf welche Albert (1972c:36) immer wieder gerne verweist; hingegen: Günther (1984a:134ff)

[6]) Die Behandlung dieses Themas durch Albert (1980a) erweckt oftmals solchen Eindruck oder stellt diese Be­zie­hung ausdrücklich her (Albert 1972c:36).

[7]) „Doch kann zweifellos selbst die fortschrittlichste politische Bewegung auf die Ebene der ‘Massenpsychologie’ und deren Manipulation herabsinken, wenn ihr ei­gener rationaler Gehalt durch Rückkehr zu blinder Machtpolitik zerrüttet wird.“ (Adorno 1971a:62)

[8]) Als Kant (XI:228) von den Philosophen sagte, diese Klasse sei ihrer Natur nach der Rot­tie­rung und Klubbenverbündung unfähig, machte er damit vielleicht erfolgreich Reklame für Philo­so­phie, aber denkbar miserable Wissenschaftssoziologie. "To deny the importance of advertising in a highly competitive world can be self-defeating. Many in the university have a naïve faith that if you do good work it will be noticed." (Marx 2000b)

[9]) "Im Zentrum müßte vielmehr die kritische Bewertung dieser Strukturen selbst stehen; also Fragen wie die folgenden: Wie ist die Chancen- und Machtverteilung zwischen den verschiedenen Gruppen an der Hochschule? Wie werden innerhalb des Systems Interessen wahrgenommen, Posi­ti­onen erworben und Rangfolgen bestimmt? Wie werden "Leistungen" definiert und gefördert? An­ders gefragt: Wie ist innerhalb des Wissenschaftsbetriebes das Verhältnis zwischen Prioritäten­set­zung und Ausgrenzung von Fragestel­lun­gen, welche den sog. 'anerkannten akademischen Standards' wi­dersprechen etc." (Bultmann 1998a)

[10]) "Indeed the very term 'debate' appears inappropriate since it usually presupposes a common ground to the dis­cussion and in many instances this has not been there." (Frisby 1972a:106)

Wie Albert (1996a:34ff) vermeldet, haben die Referenten Adorno und Popper mangels Lektüre der einschlägi­gen Literatur ihres jeweiligen Gegenreferenten schlicht und ergreifend aneinander vor­beigeredet und dabei zwar über so nebenrangige Dinge wie Wissenssoziologie vielleicht sogar ei­nen Konsens erzielt, aber zur allgemeinen Enttäu­schung eines Auditoriums, welches weder die strittigen Grundsatzfragen noch sonst wie forschungs­prakti­sche Pro­bleme erörtert fand. Zu die­sem Hornberger Schießen vgl. Dahrendorf (1969a), Dahms (1994a) und Frisby (1976a).

[11]) "... ist es erstaunlich, wie Horkheimer und Adorno eine große und langandauernde Polemik gegen den Positi­vismus in Gang halten konnten, ohne die meisten seiner aktuellen Grundideen ge­nauer aufgefasst zu haben." (Dahms 1994a:401)

[12]) "Zweitens gehört zu diesen neuen Hochschulsteuerungsmodellen die Umstellung der Hoch­schulfinan­zierung: von der traditionellen Ausrichtung an der Belastung der Hochschulen - konkret: an der Nachfrage nach Stu­dien­plät­zen - hin zu einer differenzierten Vergabepraxis, die sich an der 'Leistung', d.h. quasi an den 'Endergebnissen' des Hoch­schulbetriebes misst. Diese Er­geb­nisse werden quantifiziert - also: Zahl der Absol­ven­ten, der Promo­ti­onen, Ha­bilitationen, Preise, Patente etc. - und in Zeiteinheiten gemessen. In diesem Mechanismus ist die Reduk­tion von Stu­di­enreform auf Studienzeitverkürzung angelegt. Das ist das einzige Ziel einer stärkeren formalen Re­gle­mentierung des Studiums durch Sanktionsdrohungen, wie sie der neue HRG-Entwurf ermög­licht. Indem so perspektivisch bezüglich aller Ar­beitsabläufe an der Hoch­schule für die Zuweisung von Fi­nanzmitteln die Relation von Menge und Geschwindigkeit ausschlag­ge­bend ist, werden die einzelnen Akteure des Hochschulsystems, Stu­die­rende wie WissenschaftlerInnen, wett­be­werbsförmig gegeneinander justiert: unter Be­din­gun­gen der Knappheit - wenn etwa für die gesamte Hochschule eine pauschale Finanzsumme zur Verfü­gung steht - ist dabei logischerweise der Erfolg des einen immer der Miss­er­folg des anderen. Qua­li­tative Maßstäbe, etwa des ge­sellschaftlichen Gebrauchswertes der auf diese Weise 'pro­du­zier­ten' Wis­sen­schaft spielen in diesem Steuer­ungs­me­cha­nismus definitiv keine Rolle." (Bultmann 1998a)

[13]) "Mit der Marxismus-Renaissance, die seit den 60er Jahren ein vorher unvorstellbares Aus­maß erreicht hat, usur­piert eine Art marxistische Betriebssoziologie der Wissenschaft den Platz der Methodologie." (Radnitzky 1976a:32)

[14]) so der Tenor einer „Diskussion zwischen Wirtschaft und Wissenschaft" an der Trierer Universität am 11.03.1999 unter der Teilnahme von Jörg F. Feuchthofen (DIHT), Klaus Kiepe (BASF), Hart­mut Schiedermair (Dt. Hochschulverband) und Klaus Fischer, Uni Trier.

[15]) "Die gesamte aktuelle Hochschulentwicklung wäre daraufhin zu befragen, inwieweit sich Ent­politi­sie­rung, Ent­differenzierung, kurz: Nivellierung und Alternativenarmut, sowie zuneh­men­de Außensteuerung ge­gen­seitig be­din­gen. Die Fragestellung ist allein deswegen produktiv und pro­vo­kativ, weil »Autonomie« und »Dif­ferenzierung« gerade ideologische Leitbegriffe der gegenwärtig einflussreichsten hochschulpolitischen Think-Tanks sind (vgl. Stif­terverband 1994, Müller-Böling 1995)." (Bultmann 1998a)

[16]) "Rüttgers hat das in einer Pressemitteilung besser ausgedrückt, als ich es sagen könnte: 'Wenn die Hoch­schu­len künftig ein Leistungsprofil entwickeln und Kompetenzzentren werden sol­len, dann müssen wir ihnen auch das Recht einräumen, sich einen Teil der Studierenden selbst aus­zusuchen.'(BMBF-Presse-Info 21.3.97). In meinen Wo­rten: Bewährung auf dem Markt, Profil­bil­dung, und Auswahlrecht gegenüber Studien­platz­be­wer­bern bedingen sich gegenseitig! So etwa, wie sich auch jedes private 'Unterneh­men', um diesen Vergleich heran­zuziehen, seine Be­schäf­tigten entsprechend der optimalen Ver­wirk­lichung seiner Unternehmensziele selbst aussucht." (Bultmann 1998a) Rüttgers schuf be­kannt­lich wenig später in Reaktion auf Schöders green-card-Initiative den famosen Schlachtruf: "Kinder statt Inder!"

[17]) „Die Unternehmer unterstützen die Absicht von Bildungsminister Zöllner, ein ‘Qualitäts­ma­na­gement für Schulen’ einzuführen. Viele Schulabgänger seien nicht genügend auf die berufliche Aus­bil­dung vorbereitet, sagte der Vorsitzende der Landesvereinigung rheinland-pfälzischer Unter­neh­merverbände (LVU), Eberhard Schwarz." (TV 30.06.99)

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