Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Explikation vs. Dialyse

Dieses Beispiel einer Explikation bisher implizit verwandter Schlussweisen und theoretischer Er­klärungsansätze innerhalb der Soziologie zeigt indes zumindest das eine, dass terminolo­gi­sche Klärungen kein Selbstzweck sind, sondern eine wichtige Funktion innerhalb der Theorie­bil­dung und -entwicklung erfüllen. Daher müssen wir nicht so weit gehen wie Popper in seiner Zurückweisung eines utopischen Explikationismus bzw. Formalismus:

„... eine Theorie, die behauptet, dass wir ein Kriterium für die korrekte Benut­zung oder Anwendung eines Wortes haben müssen, um seine Bedeutung zu er­fassen, eine solche Theorie ist falsch. Wir haben praktisch niemals ein derartiges Kriterium." (Popper 1992b:464f)

Dass absolute Präzision nicht zu erreichen ist, impliziert noch lange nicht, dass Präzision bis zu einem gewissen Grade überhaupt wertlos und Begriffsexplikationen nichts als Wortklau­ber­ei dar­stellten. Popper schüttet hier mit dem Bade absolute Sprachpräzision das Kind „Definiti­ons­leh­re" aus.

Popper schlägt an Stelle Explikation" als eine sinnvolle Methode Dialyse" vor, d.h.:

„neue Unterscheidungen machen - ad hoc, für den jeweils vorliegenden Zweck." (Popper 1979a:37)

Der wesentliche Unterschied zu Explikation" ist für Popper wohl der, dass Dialyse" nicht den Endzweck perfekter sprachlicher Genauigkeit verfolgt. Doch was für den einen ein Schritt zu ei­nem Endziel darstellt, ist für den anderen „ad hoc". Ein anderer Grund für Popper (1973a: 111), sich grundsätzlich gegen die analytische Sprachphilosophie zu wenden: Die Alltagsspra­che vermag vielleicht Anregungen zu liefern, jedoch keine Argumente, die qua Abstammung aus der Umgangs­sprache für die Entscheidung irgendeiner Sachfrage autoritativ entscheidend wäre.

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