Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

22.10.2005

Erkenntnis per Definition?

Wenn aber Popper nun doch hie und da explizite Definitionen gibt, weiß man wiederum nicht so recht, ob diese Veranstaltungen in sein deklariertes Programm fallen oder ob er in diesen Fäl­len nur opportu­ni­täts­halber davon abweicht. Der natürliche Gang der Dinge ist dann, dass ei­ner der Jünger aufsteht und mit einer Kanonisierung der Worte des Meisters die Begriffe ins Allgemeinver­ständliche bringt. Mit dieser Popularisierung ist aber auch dann oft eine Vulga­ri­sierung und/oder Trivialisierung verbunden. Aber so setzt sich diese Binsenweisheit durch: Wer selbst nicht defi­niert, der muss sich definieren lassen. Denn nur woran unser Verstand sei­ne Werkzeuge ansetzen kann, kann er bewegen und bearbeiten. Und schon Platon, Aristoteles, Hegel und Marx haben zu spüren bekommen: Wer sich nicht selbst allgemeinverständlich aus­drückt, muss sich im Zeitalter der Massenpropaganda den terrible simplificateur gefallen lassen.

„Radical simplifications are allowable in science so long as they do not go against the essence of the given problem." (Morgenstern 1964a:575)

Wer aber die Probleme seines Gesprächspartners jedoch so simplifiziert, dass sie einfach un­ver­ständlich oder nur noch schlechthin abwegig erscheinen, hat über den rhetorischen Erfolg die Wahrheitssuche ver­gessen.

Andererseits betrachtet Popper als einen Nominalisten Hobbes, obwohl dieser seinen dekla­rier­ten Nomi­na­lismus im Hinblick auf seine eigenen Ansichten über das Bestehen und die Ein­sichtigkeit von Sach­ver­hal­tsstrukturen eigentlich revidieren müsste (Röd 1981a:284ff). Wie ein­stens für Aristoteles und Hobbes, be­sitzen auch für Hayek Definitionen aller­höch­sten Erkennt­niswert.[1])

"The politics of standardization is really what computers are about, unfortuna­te­ly. If you are alone in a room with all the mental power in the world, like, say Richard Stallman, you are able to create an entire universe avenitio unto your­self. And you don’t need to worry whether you’re competing with anything el­se. Howe­ver, if you’re going to deal with the world and bring in stuff from else­whe­re and try to make other people adopt your ‚things,‘ then compatibility be­comes an issue and the question is, 'What are the standards?'" (Nelson 1999a)



[1]) "Aber als Mitglieder einer Klasse, als gleiche Einheiten, über die wir Verallgemeinerungen ma­chen können, können diese Modelle nie Eigenschaften besitzen, die wir ihnen nicht gegeben ha­ben, oder die sich nicht deduktiv aus den Annahmen ableiten lassen, unter denen wir sie gebildet ha­ben. Die Erfahrung kann uns nie lehren, dass irgendein soziales Gebilde Eigenschaften hat, die nicht aus der Definition (oder der Art, wie wir es gebildet haben) folgt. Der Grund dafür ist ein­fach, dass uns diese Ganz­heiten oder sozialen Strukturen niemals als natürliche Einheiten gegeben sind, nicht bestimmte, der Beobachtung gegebene Ob­jekte sind, dass wir es nie mit der Gesamtheit der Wirklichkeit zu tun haben, sondern immer nur mit einer Auswahl, die wir mit Hilfe unserer Mo­delle vorgenommen haben." (Hayek 1976a:99f)

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