Aus dem Blickwinkel der eigenen „Karriere“ zeichnet Feuerbach diese köstliche Karikatur [1]) eines „Staatsphilosophen“ mit Pensionsberechtigung. Hieraus erkennt man auch unschwer, aufgrund welcher historischen Gewitztheit die bayrische Staatsregierung [2]) in unseren Tagen noch so an dem Kruzifixaufhangen in den Schulen hängt. Ein einzelnes bayrisches Dorf ohne Kirche, und, o welch Omen! schon ging Gott und Bayern ein Theologiestudent verloren, dem zu allem Überdruss es sogar noch gelang, manche Preußen von Hegel abzubringen und zum Materialismus zu bekehren.
[1]) „Wie verschieden ist doch mein äußerliches Schicksal von dem der nächst vorangegangenen Philosophen, wenn anders ich mich als den letzten, untersten, an die äußerste Grenze des Philosophentums hinausgeschobenen Philosophen diesen öffentlich und allgemein anerkannten Geistesheroen anreihen darf. Wie wenig genierte sie das andere Ich? Ich für mich selbst allein - kein Einwand, keine Opposition, keine Ahnung eines Andern störte diese selige Identität. Dass es ein anderes Ich noch gebe, das machten sie erst hinterdrein zufällig oder durch Klügelei ausfindig. Das andere Ich, der Mensch, das Weib, der Leib war vom Staate anerkannt und versorgt, das Ich des Denkers brauchte daher nicht an dies andere Ich zu denken, es spielte als Professor auf dem vom Hof- oder Universitätsschreinermeister glatt gehobelten, von jeder anstößigen, an das Dasein eines Andern schmerzlich erinnernden Unebenheit gereinigten Katheder die Rolle des absoluten Geistes. In Hegel erreichte diese Rolle ihren Kulminationspunkt, er ist das realisierte Ideal, das Muster eines deutschen Professors der Philosophie, eines philosophischen Scholarchen. Der absolute Geist ist nichts anderes als der absolute Professor, der die Philosophie als Amt betreibende, in der Professur seine höchste Seligkeit und Bestimmung findende, den Kathederstandpunkt zum kosmologischen und welthistorischen, Alles bestimmenden Standpunkt machende Professor. Wie ganz anders ist mein Schicksal, das mich nicht auf den Schultern der Staatsmacht, nicht auf Kosten Anderer über die Notwendigkeit, an das Dasein eines andern Ich außer dem Ich des Denkers zu denken, erhoben und auf das Katheder der absoluten Philosophie gestellt hat, das mich im Gegenteil in tiefster Niedrigkeit, Verlassenheit und Obskurität, aber eben deswegen auch glücklicher Einsamkeit auf ein Dorf, das nicht einmal - o wie entsetzlich, wie unheilschwanger - eine Kirche hat, verbannte! Zwei Jahre in Berlin Student, und 24 Jahre auf einem Dorfe als Privatdozent!" (Feuerbach 1874a:120)
[2]) Während in Baden-Württemberg eine kopftuchtragende Lehrerin nicht zum Schuldienst zugelassen wird, kämpft Bayern für ein Gesetz, wonach in jedem Klassenzimmer ein Kruzifix aufzuhängen ist. "Den Besonnenen überrascht es nicht, dass das Bundesverfassungsgericht in Kontinuität zu seiner bisherigen Rechtsprechung und ganz im Sinne einer Tradition, die es auch zu bewahren gilt, daran festgehalten hat, dass unter dem Titel der Toleranz nicht die Preisgabe von Rechten einer Minderheit erkauft werden kann. Wer für Toleranz plädiert, schlägt sich auf die Seite der Schwachen und möchte diese vor der Übermacht der Starken bewahren." (Grethlein 1996a) Ist Bayern in die Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zurückgekehrt? „But the religious wars which followed the reformation proved that a plural society could only survive if it respected the principles of toleration." (Bell 1965a:122) Auch in puncto Kirchensteuer, theologische Fakultäten und Religionsunterricht ist einiges revisionsbedürftig, sollte für christliche Kirchen und Islam gleiches Recht gelten. Warum eigentlich nicht? - "Alle Religionen seindt gleich und guth, wan nuhr die leute, so sie profesiren, Ehrlige leute seindt, und wen Türken und heihden kämen und wollten das land pöpliren, so wollen wir sie Mosqueen und Kirchen bauen." Friedrich II. von Preußen (zit. nach Berbig 1999a:32).- Abgesehen davon, dass es sich bei Religionsfreiheit um ein Menschenrecht handelt, ist Toleranz auch die bessere, um nicht zu sagen, die einzig vernünftige Politik.- ,„A number of parent respondents suggested that a separate Islamic education system was desperately needed and felt anguish in certain schools not receiving recognised status - despite repeated attempts." (Abbas 1996a) - „Die schreckliche Erfahrung des Bosnien-Krieges hat die Erkenntnis verstärkt, dass Europa mehr ist als nur eine materielle Interessengemeinschaft, es ist eben auch eine Wertegemeinschaft. Deshalb findet gegenwärtig im Kosovo die Absage an Huntingtons These vom clash of civilisations statt. Das sogenannte christliche Abendland kämpft dort für die Menschenrechte eines muslimischen Volkes. Und welche Bedeutung das in unserem Verhältnis zu unseren islamischen Nachbarregionen hat, das darf bei der Analyse des Kosovo-Konfliktes nicht vergessen werden." Außenminister Fischer, ZEIT 16/1999,
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