Globalisierung - das ist zum einen das Schlagwort für eine neue internationale Arbeitsteilung (Obst 1998a), gekennzeichnet durch eine globale Öffnung der Märkte („global sourcing") und einem entsprechenden Rückgang nationaler politischer Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten.
„Globalismus" heißt gemäß Beck (1997a:5): die Auffassung, dass politisches Handeln heutzutage nur noch in der Anpassung an die Gesetze des Weltmarktes bestehen kann.
Die Anforderungen des weltweiten Wettbewerbs, ansonsten ein Thema, das sich bislang auf die Literatur der industrial relations und Organisationstheorie beschränkt hatte, wurden zunehmend zu einem Kernpunkt eines Diskurses von internationalen Organisationen, Regierungen und Verbänden, der Wettbewerbsfähigkeit [1]) und Flexibilisierung als unausweichliche Imperative herausstellte und dabei durchgreifende Politikänderungen verfolgte, insbesondere in Hinblick auf Regelungen des Arbeitsmarktes und des Sozialstaates (Amoore 1998a:51).
„Paradoxically, despite the conceptual ‘fuzziness’ generated by general use and lack of definition, globalisation has become a core dictum for academics, public policy makers, and corporate managers alike. One key effect of the reification of the term is the emergence of a totalising univocal discourse. This discourse becomes a powerful instrument which decisively shapes the policy agendas of states and firms. The assumption is that the state itself is compelled to adopt new policy instruments; the firm operates in a qualitatively new competitive environment and therefore seeks to restructure the organisation of production and work; and society must accept the uncertainty of the global era and absorb the imperatives to abandon embedded practices and ‘make the leap’." (Amoore 1998a:50)
Erst relativ spät erfolgte in Reaktion auf diesen kulturell-hegemonialen Angriff der ökonomischen Machteliten, repräsentiert vor allen Dingen von den dominierenden Wirtschaftskreisen der USA und den damit verbundenen multinationalen Konzernen, eine kritische Analyse der hiermit indoktrinierten neoliberalen Konzeption von "Globalisierung".
"Der Wandel ist unausweichlich, aber er muss gesteuert werden."
So unbestreitbar die These scheint - der Fehler liegt im Gebrauch des bestimmten Artikels im Singular. In der scheinbaren Plausibilität, von dem unausweichlichen Wandel zu sprechen statt von den vielen möglichen gestaltungsfähigen Pfaden der sozialen Entwicklung, in dieser nahe liegenden Blickverengung liegt bereits die ganze ideologische Unschärfe dessen, was man als das Globalismus-Argument zu rekonstruieren gezwungen ist. Wer sich dem so nahe liegenden sozialen Anderswerden widersetzt, wird sofort als der Feind des unausweichlichen Fortschritts hingestellt: "Globaphobia" [2]).
Fortschritt hin oder her, auf jeden Fall unausweichliche Veränderung: Wenn wir es nicht tun, so tun es die anderen!
Genau dieser Tendenz, die konkrete geschichtliche Situation zu einer universell gültigen Anthropologie von politischer Ökonomie zu extrapolieren und zu verklären, ist die marxsche Kritik der politischen Ökonomie seinerzeit angetreten.[3]) Popper in seiner misslungenen Rezeption von Modellmethode und Menschenbild der neoklassischen Ökonomie, als welche seine "Situationslogik" sich darstellt, ist der bürgerlichen Ökonomie in genau diese unkritische, besser: system-unkritische Fallgrube nur allzu bereitwilligst gefolgt. Die geschichtlich sich ändernden und politisch gestaltbaren Institutionen erscheinen nur noch in den modell-exogenen Datenkranz abgedrängt. Ins Blickfeld geraten können durch diesen Zuschnitt der Theorie nur noch Spielräume für Stückwerks-Technologie: Reparaturen am vorgegebenen System. Denn was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! Systemwechsel ist theoretisch ausgeschlossen.
Globale Finanzmärkte fungieren als der moderne Moloch, dem tagtäglich Menschenopfer gebracht werden müssen, um ihn bei Laune zu halten.
"By the early 1990s, with the collapse of the Soviet Union, economists and policymakers were crowing that the West's wartime vision had become a global reality, with countries everywhere seeking to liberalize and privatize their economies. But today we look back at our arrogance with shame. As the world economy suffers from an endless series of fiscal, monetary, and currency crises, the old design's internal flaws are becoming evident. Fundamentally, we see that the bond between globalization and the welfare state is breaking down, as mobile capital flees social expenditure and the taxation that must come with it. Everywhere, states are failing to meet their obligations to those who are most vulnerable." (Kapstein 1999a)
[1]) „Suppose you're a 50-year-old, laid-off worker, or a single mom making $6 an hour when it takes $10 an hour to live, or you're a college graduate who's been driving a cab over the past four years and doing part-time work. You are trying to figure out why, when you are doing everything you're supposed to, you still can't pay the bills at the end of the month. So you come home, and you turn on the television. Although their styles may be different, whether it's Bill Clinton or Newt Gingrich or your favorite media pundit, they are sending a similar message: ‘It's a new competitive world out there. There are six billion people who want your job, and most will work for less then you will. You had better train yourself to compete against them with all the computer power you can get. And, by the way, lower your expectations. Don't expect us to help you, just because you're an American. We're in a global economy, and the era of big government is over.’ The message is: ‘You are on your own.’" (Faux 1998a)
[2]) Burtless, Lawrence, Litau, Shapiro 1998a: Gary Burtless, Robert Z. Larence, Robert E. Litau, Robert J. Shapiro, Globaphobia. Confronting Fears About Open Trade, Washington New York 1998
[3]) "Die Hoffnung auf die besseren Verhältnisse, soweit sie nicht bloß Illusion ist, gründet weniger in der Versicherung, sie seien auch die garantierten, haltbaren und endgültigen, als gerade im Mangel an Respekt vor dem, was mitten im allgemeinen Leiden so fest gegründet ist." (Horkheimer, Adorno 1998a:236)
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