Aus einer Kontradiktion ist jede beliebige Aussage ableitbar.
Diese These weist Vetter aber als nicht stichhaltig zurück. Denn dabei setzt Popper in der Prämisse seines Beweises eine Kontradiktion als gültige Wahrheit ein:
„Demgegenüber scheint uns die häufig vorgebrachte Begründung für das Prinzip der Widerspruchsfreiheit, dass nämlich aus p&-p jede beliebige Aussage ableitbar sei, was einen Kalkül unbrauchbar machen würde, nicht stichhaltig zu sein. (...) Man kann eben nicht eine Kontradiktion als wahre Prämisse voraussetzen. Eine sich daran anschließende Deduktion nach dem modus ponens würde nur besagen: wenn p&-p wahr wäre, dann wäre die beliebige Aussage r wahr. Aber p&-p ist eben notwendig nicht wahr.“ (Vetter 1962a:9)
Demnach ist der Schluss einfach falsch. Nach Poppers Argumentation soll er nicht nur falsch sein, sondern er behauptet: Wenn der Schluss wahr wäre, würde Beliebiges daraus folgen. Da der Schluss aber nach Poppers eigenen Voraussetzungen niemals wahr sein kann, d.h. nach Vetter überhaupt nicht als Prämisse zugelassen werden kann, so ist Poppers Schluss eine wenn nicht völlig falsche, dann doch in jedem Fall nutzlose Überlegung.
In der Philosophiegeschichte erfuhr das Prinzip der Widerspruchsfreiheit insbesondere durch Aristoteles eine einflussreiche philosophische Grundlegung (Aubenque 1961a; Zwergel 1972a). Nikolaus v. Kues war der erste große philosophische Kritiker der unumschränkten Anwendungsfähigkeit dieses Prinzips (Otto 1981a: 250). Vetter (1962a:84) sucht mit Textstellen zu erweisen, dass Hegel, Engels und Lenin im Gegensatz zu Marx, Stalin und Mao Tse-tung das Prinzip des ausgeschlossenen Widerspruchs explizit ablehnten. Im Vergleich zu Poppers einsilbigen Verriss der Dialektik liefert Vetter dabei einen Überblick über die einschlägigen marxistischen Autoren sowie eine weiter gehende logische Analyse.[1])
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