"Unter dem Zeichen des Kapitalismus wird dem Deutschtum der Sieg über die slawische Propaganda versagt bleiben." (Max Weber, in: Baumgarten 1964a:99)
Gemäß der Arbeitswerttheorie beläuft sich der Tauschwert eines Produkts nach der „gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit". Was „notwendig" ist, wird durch den Markt bestimmt.[1])
Der Weltmarkt aber, bzw. Westdeutschland diktiert, wieviel Arbeitszeit in Ostdeutschland als „notwendig" gelten darf. Quod erat demonstrandum! Dem handelsüblichen Ökonomenverstand, dem jeder Markt Natur ist, enthüllt sich damit nur, was schon immer faul war im Staate DDR:
„Infolge der desolaten ostdeutschen Wirtschaftsverhältnisse, die durch die Währungsunion schonungslos offengelegt wurden, verschlechterten sich die Voraussetzungen der ostdeutschen Unternehmen zur Bewältigung des anstehenden Transformationsprozesses weiter." (Maretzke, Irmen 1999a:4)
Fakt scheint jedoch vielmehr zu sein, dass die westdeutschen Ökonomen und Politiker so wenig wie Popper eine Ahnung von Transformation hatten noch davon, dass, was sie für „natürlich" halten, andernorts eine soziale Revolution (euphemistisch: „Transformationskrise") auslösen muss.[2])
Wie Weihrich (1999a:16,Anm.3) unter Bezugnahme auf Reißig (1998a:302) berichtet, sind allein zwischen 1990 und 1995 ca. 3000 deutschsprachige sozialwissenschaftliche Publikationen über den sozialen Wandel in den „neuen Bundesländern" erschienen. Freilich müsse sich der Großteil der Ergebnisse eine ‘Befundlastigkeit’ attestieren lassen, die mit einer interpretatorisch-konzeptionellen Schwäche korrespondiere (Grünert 1995a:140). Die produktivste Forschungseinrichtung auf diesem Gebiet halte es mittlerweile für aussichtslos, überhaupt eine Definition von „Transformation" zu versuchen, und distanziert sich bereits davon, jemals eine Theorie der Transformation gesucht zu haben (Werz 1997a). Dabei weiß doch längst jeder Politiker ganz genau, worum es hierbei geht:
„Das westdeutsche Institutionensystem wurde auf die neuen Länder übertragen, und das Ergebnis dieser Übertragung sollte nichts anderes sein als eine vergrößerte Bundesrepublik. Der Maßstab, der zur Einschätzung des Gelingens des Transformationsprozesses herangezogen wird, legt die Werte des westdeutschen Systems zugrunde und beschränkt sich auf die Messung ihrer Realisierung. Wir haben es hier mit der Beschreibung eines Prozesses auf der Makroebene zu tun, dessen Ziel festzustehen scheint. Dasselbe Transformationsmodell ist die Grundlage politischer Entscheidungen." (Weihrich 1999a:17)
Um solcherart Abweichungen von politischen Zielvorgaben zu messen, benötigt man keine Theorie von Transformation. Wozu Theorie, wenn man aktuell dominante Systeme nur noch zu extrapolieren braucht [3])! Die Mystifikation würde darin liegen, derlei als „Transformationsforschung" zu verkaufen. Wenn wir dies jedoch diese Prozesse sozialen Wandels „nachholende Modernisierung" nennen, kommen wir auch hier mit dem Mythos der Industriegesellschaft und ihren modernen Sachzwängen aus. Das ökonomische Prinzip der kleinstmöglichen Denkanstrengung, angewandt auf das weite Feld der Trivialisierung zeitgemäßer Ideologien!
Dies muss jedoch nicht sein:
„Man beginnt zu erkennen, dass Verlauf und Ziel des Transformationsprozesses nicht vorprogrammiert sein müssen, sondern prinzipiell offen sein können, hängt dessen Gestalt doch davon ab, was Akteure tun, mit wem sie koalieren und welche kollektiven Folgen ihr Handeln hat." (Weihrich 1999a:18)
[1]) "Als die Berliner Mauer fiel, mussten die Deutschen endlich etwas unternehmen." (Szczypiorski 1998a)
[2]) "Die deutsche Volkswirtschaft hat drei große Probleme, die sie lösen muss:
Die hohe und verfestigte Arbeitslosigkeit: Jede siebte Erwerbsperson war im Jahre 1999 ohne einen regulären Arbeitsplatz, und die Lage am Arbeitsmarkt ist weiterhin bedrückend. Die in diesem Jahr beobachtete wirtschaftliche Aktivität reicht für einen spürbaren Beschäftigungsimpuls nicht aus, zumal strukturelle Rigiditäten und die Abkehr vom Pfad der Lohnmoderation der dringend erforderlichen Lösung des Problems der Arbeitslosigkeit im Wege stehen. Ohne eine grundlegende Neuausrichtung des Regelwerks auf dem Arbeitsmarkt besteht die Gefahr, dass die hohe Arbeitslosigkeit ein Dauerproblem bleibt.
Der prekäre Zustand der öffentlichen Finanzen: Fast jede zweite in Deutschland erwirtschaftete Mark geht durch die Hände des Staates. Die Belastung mit Steuern und Abgaben ist entsprechend hoch und hemmt Leistungen und Investitionen. Die Schuldenstandsquote ist mit rund 60 v.H. so hoch, dass nahezu 16 v.H. der Steuereinnahmen für Zinsausgaben verwendet werden müssen, beim Bund sind es fast 22 v.H. Der Handlungsspielraum des Staates ist dadurch stark eingeengt. Nur mit einer konsequenten Fortsetzung der in diesem Jahr begonnenen Konsolidierungspolitik und dem unverzüglichen Angehen einer Steuerreform, die den Privaten eine deutliche Steuerentlastung verschafft, kann das Fundament für solides Wachstum und mehr Beschäftigung gelegt werden.
Die schwelende Krise der Gesetzlichen Rentenversicherung: Deutschland wird im Jahre 2035 die älteste Bevölkerung der Welt haben; immer weniger Arbeitnehmer müssen steigende Rentenzahlungen an die Älteren finanzieren. Die Grenzen der Finanzierbarkeit der umlagefinanzierten Alterssicherung nach heutigem Muster sind erreicht; eine konsequente Reform durch die Ergänzung um kapitalgedeckte Eigenvorsorge in Verbindung mit Einschnitten im Leistungsniveau ist unumgänglich." (Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1999/2000: „Wirtschaftspolitik unter Reformdruck“)
[3]) so wie Popper den Russen das bewährte deutsche System des Rechtsstaates oder Myriaden westlicher Berater den Sprung ins kalte Wasser der Marktwirtschaft wärmstens empfohlen haben (Gerber, Hout 1998a).
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