Habermas (1975a:16a):
"Weil Erkenntnistheorie mit dem Anspruch auf Selbst- und Letztbegründung das Erbe der Ursprungsphilosophie antritt, ist für sie die Strategie des voraussetzungslosen Anfangens unabdingbar."
RM, das ist die Forderung, alle Aussagen endgültig zu begründen, oder anders formuliert: voraussetzungslos anzufangen durch die Selbstbegründung des entsprechenden Systems, ist nicht einzulösen.
RM verrennt sich in der Sackgasse des „Münchhausen-Trilemma"(Albert 1980a:13ff). Dieses zwingt zu einer Entscheidung zwischen dreierlei Optionen, von denen indessen keine zu leisten vermag, was sie lesiten soll:
1. infiniter Regress;
2. logischer Zirkel;
3. willkürlicher Abbruch des Verfahrens.
Das Problem sieht wie zuvor schon Platon (Mittelstraß 1981a) und Aristoteles (Aubenque 1961a; Höffe 1981a:72) auch Habermas (1975a:14f) auf ganz ähnliche Weise:
„Erst anhand von zuverlässigen Kriterien der Geltung unserer Urteile können wir prüfen, ob wir unseres Wissens auch gewiss sein dürfen. Allein, wie könnte vor dem Erkennen das Erkenntnisvermögen kritisch untersucht werden, wenn doch auch diese Kritik selber Erkenntnis zu sein beanspruchen muss?"
Der Grundfehler von RM aus Sicht von FP liegt darin, dass der Anspruch auf wahre Erkenntnis mit der Forderung der Sicherheit oder Gewissheit der Wahrheit verbunden wird.
Hinwieder kann ironischer Weise RM schon daraus die Existenzberechtigung ableiten, dass es gerade für konsequenten FP eine Alternative zum FP geben muss, damit überhaupt FP selbst der Kritik unterzogen werden kann (Spinner 1974a).
Denn wie kann man von Wahrheit reden, wenn es nichts Falsches gibt?
„With all messages being equal, there is no message." (Phillips 1994a)
Ebeling (1973a:21ff) suchte gegenüber FP den Einwand herauszukehren, dass für FP der Aufweis der Aporie von RM selbst schon die Funktion einer Begründung erfülle. Dem ist nicht zuzustimmen, denn dem Trilemma dankt FP lediglich ein bestimmtes Argument, nicht jedoch seine definitive Begründung. Eine letzte Begründung ist definitionsgemäß das Ziel von RM; FP setzt RM lediglich als seine Gegenposition logisch voraus. FP kann sich ganz pragmatisch damit begnügen, Punkte zu sammeln, indem er Fehler aufzuspüren sucht und ausschaltet. Wenn er auf einem bestimmten Wege nicht von der Stelle kommt, versucht er notgedrungen und von Dogmen möglichst unbelastet, sich einfach etwas Neues einfallen zu lassen.
2 Kommentare:
"Besonders interessierte mich die Idee, dass das dogmatische Denken, das ich als vorwissenschaftlich betrachtete, eine notwendige Vorstufe sei, die das kritische Denken erst ermöglichte." (Popper 1979a:52)
Hans Albert spricht von "Konstruktion und Kritik".
Um kritisch negieren zu können, muss überhaupt erst einmal etwas Konstruktives da sein.
Man kann natürlich hier auch von "Dialektik" sprechen.
"Jede sichere Kenntnis, möchte ich sagen, gehört in das Gebiet der Wissenschaft; jedes Dogma in Fragen, über die sichere Kenntnis hinausgehen, in das der Theologie. Zwischen der Theologie und der Wissenschaft liegt jedoch ein Niemandsland, das Angriffen von beiden Seiten ausgesetzt ist; dieses Niemandsland ist die Philosophie." (S. 11)
Bertrand Russell, Philosophie des Abendlandes. Ihr Zusammenhang mit der politischen und der sozialen Entwicklung, München Wien 8. Auflage 1999 (A History of Western Philosophy, London 1945)
Russells These ist nach Popper so nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Fallibilismus: Auch die Wissenschaft verfügt nicht über sicheres Wissen. Entscheidend für Wissenschaft ist die Methode der Kritik, womit nach verbesserter Erkenntnis gestrebt wird.
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