Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

09.02.2007

Theoretische Erklärung der Entstehung und Entwicklung des Imperialismus

Unter dem Begriff Imperialismus (von lat. imperare „herrschen“; imperium „Herrschaftsgebiet“; z.B. Imperium Romanum) versteht man die Bestrebungen eines Staates, seinen Einfluss auf andere Länder oder Völker auszudehnen. Dieser Machterweiterungspolitik können unter anderem bevölkerungspolitische und nationalistische Motive zugrunde liegen, regelmäßig ideologisch begründet mit der weltgeschichtlichen Mission bestimmter Vöklker oder Rassen, über die anderen zu herrschen.

Die theoretische Erklärung des Imperialismus leidet gewiss sehr darunter, dass die Debatte vor allem ideologisch stattfindet. Während der Begriff ursprünglich von Vertretern einer imperialen Politik geschaffen und propagiert worden ist, ist die theoretische Erklärung der damit stattfindenden Entwicklung weitgehend von Gegnern einer solchen Politik geleistet worden.

In den 1870er Jahren wurde Imperialismus als politisches Schlagwort von Disraeli systematisch in die britische Politik eingeführt, erhielt in den 90er Jahren seine wirtschaftspolitische Orientierung und wurde schlagartig internationalisiert.

Zwischen 1898 und 1906 begann der Versuch, diese weltweit neu entdeckte politische Wirklichkeit systematisch zu beschreiben und theoretisch zu analysieren, als eine offensichtlich neue Phase der wirtschaftlich-politischen Entwicklung, die auf die klassische Epoche der Konkurrenz unter Freihandelsbedingungen und der staatlichen Zurückhaltung folgt, gleichsam ein neuer Merkantilismus, indem Politik und Wirtschaft sich verbanden.

Grundlegend für alle spätere Analyse war J. A Hobson mit "Der Imperialismus" (London, New York 1902). Für ihn war Imperialismus ein Entwicklungsstadium des Kapitalismus, wobei er am Beispiel von Südafrika stark die Rolle der Kapitalausfuhr betonte.

Es folgten Rudolf Hilferding mit "Das Finanzkapital" (1910) und Rosa Luxemburg "Die Akkumulation des Kapitals, ein Beitrag zur ökonomischen Erklärung des Imperialismus" (1913).

Die Grundlinien der marxistischen Erklärung von Imperialismus lassen sich wie folgt angeben:

  1. Strukturänderung des Kapitalismus: Konzentration in Monopolunternehmen und Finanzkapital;
  2. Abkehr der staatlichen Wirtschaftspolitik vom Wirtschaftsliberalismus;
  3. neue Formen des Kolonialismus, Streben nach Aufteilung der Welt;
  4. wachsende internationale Spannungen und Bereitschaft zu Einsatz militärischer Gewalt;
  5. bei Lenin auch Eindringen des Reformismus in die internationale Arbeiterbewegung.

Der Imperialismus sollte als ein Gesamtkomplex analysiert werden, auf dem Hintergrund der Entwicklung des Kapitalismus. Dabei ist die Beziehung zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern besonders ins Auge zu fassen. Hierunter fällt auch die historische und wirtschaftliche Einschätzung der Rolle des Kolonialismus. Ein anderer wesentlicher Aspekt ist die Beziehung zwischen Wirtschaft und Militär, insbesondere die Rüstungsindustrie sowie die Entwicklung der Militärtechnologien.

Während Hobson und Lenin stark auf die Rolle der Kapitalausfuhr fixiert waren, muss auch die Frage des Kapitalimports berücksichtigt werden.

Die gewachsene Gefahr von militärischen Auseinandersetzungen bis hin zu weltweiten Kriegen wird erklärt aus der internationalen Konkurrenz des nationalstaatlich verfassten Kapitals. Daneben wird auch von Nichtmarxisten (David Landes, Harvard) hingewiesen auf die Erschöpfung technologischer Möglichkeiten und auf ein andauerndes Nachhinken der Nachfrage hinter dem Angebot und damit der Suche nach neuen Märkten.

Literatur:

Eric Hobsbawm, Die Imperialismusdebatte in der Geschichtsschreibung, Sozialistische POLITIK, 1. Jahrgang, Nr. 1 April 1969

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