Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

19.01.2007

Wie Marx seine Methodologie sieht

Ricardos Theorie der Werte ist die wissenschaftliche Darlegung des gegenwärtigen
ökonomischen Lebens; die Werttheorie des Herrn Proudhon ist die utopische Auslegung der Theorie Ricardos.
Ricardo konstatiert die Wahrheit seiner Formel, indem er sie aus allen wirtschaftlichen Vorgängen ableitet und auf diese Art alle Erscheinungen erklärt, selbst diejenigen, welche im ersten Augenblick ihr zu widersprechen scheinen, wie die Rente, die Akkumulation der Kapitalien und das Verhältnis der Löhne zu den Profiten. Gerade das ist es, was seine Lehre zu einem wissenschaftlichen System macht;...

[Marx: Das Elend der Philosophie, S. 59. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 2366 (vgl. MEW Bd. 4, S. 81-82)]

Marx scheint hier als wissenschaftliche Methode eine Kombination von Induktion und Deduktion sich vorzustellen.
Jedoch mitnichten eine Deduktion aus einem absoluten Prinzip (Rechtfertigungsstrategie).

"Nur dadurch, dass man an die Stelle der conflicting dogmas die conflicting facts und die realen Gegensätze stellt, die ihren verborgnen Hintergrund bilden, kann man die politische Ökonomie in eine positive Wissenschaft verwandeln."
(Marx, Brief an Engels 10. Oktober 1868, MEW 32, S. 181, zit. nach Wygodski, S. 10)

"Unsere Theorie ist kein Dogma, sondern die Darlegung eines Entwicklungsprozesses, und dieser Prozess schließt aufeinander folgende Phasen ein ..."
(Engels an Kelley-Wischnewetzky, MEW 36, zit. nach Wygodski, S. 10)

2 Kommentare:

meffo hat gesagt…

Genau besehen ist Marxens methodologische Orientierung weder rein empiristisch noch aprioristisch.
Die von ihm präsentierte Methode des Aufsteigens vom Konkreten zum Abstrakten und wieder zurück erinnert stark an Descartes, Regel zur Leitung des Geistes:

Man fängt mit einem Problem an, spaltet es in immer kleinere Teile auf, bis man einfache Wahrheiten erreicht, die selbstevident sind: Analyse > Axiome. Wenn man die Axiome gefunden hat, geht man wieder zurück und löst sein Problem, indem man beweist, dass die Anfangsbehauptung entweder wahr oder falsch ist.
(nach Musgrave, Alltagswissen, UTB1740, S. 199)

meffo hat gesagt…

Mit der wichtigen Abweichung von Descartes:
Marx geht nicht more geometrico von evidenten Axiomen zwecks Letztbegründung aus, sondern von einer kohärenten Erklärung der vorliegenden Fakten durch eine Theorie und der praktischen Anwendbarkeit dieser Theorie.