"Dagegen besteht die wesentliche Leistung von Karl Marx in einer theoretisch-historischen Analyse des Kapitalismus in einer bestimmten Phase. Er hat dafür – auch methodisch – an die klassische Ökonomie ricardianischer Prägung angeknüpft und die für sie charakteristische Wertlehre in einer Richtung weiterentwickelt, die in eine Sackgasse führte. Durch die Einbettung seiner Analysen in eine Geschichtsphilosophie Hegelianischer Prägung und durch die Konsequenzen, die er daraus für das Verhältnis von Theorie und Praxis zog, hat er, mit oder gegen seine Absicht, dazu beigetragen, die Idee rationaler Praxis bei seinen Anhängern zu desavouieren, und zwar, wie wir heute sehen, mit erheblichem Erfolg und mit politischen Wirkungen, die mit seinen eigentlichen Intentionen großenteils unvereinbar sind. Wenn heute ein Teil der radikalen Intelligenz in allen Ländern immer noch daran mitwirkt, liberale Institutionen zu unterminieren, dann ist das teilweise seiner Art der Kritik zu verdanken, einer totalen Kritik ohne echte Alternativanalyse, die zu dem führen kann, was Leszek Kolakowski einmal treffend die 'Erpressung mit der einzigen Alternative' genannt hat. Wer nicht bereit ist, den methodischen Rationalismus zu opfern, der zum Erbe des klassischen philosophischen Denkens gehört, wird in dieser Hinsicht die Beiträge Adam Smiths und Max Webers zur Aufhellung des Problems einer rationalen Praxis vorziehen, wie ich das in diesem Buch getan habe."
Hans Albert, Traktat über rationale Praxis, Tübingen 1978, , S. 5
Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends
13.01.2007
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2 Kommentare:
Es wäre näher zu untersuchen, ob ein Alternativradikalismus bei Hegel und/oder Marx in ihrer Auffassung von Dialektik beruht (binäres Gegensatzschema).
Oder ob es zu Alternativradikalismus nur führen kann, wenn gegen diese Dialektik-Konzeption implizit verstooßen wird.
Die "Erpressung mit der einen Alternative" war gängige Praxis ist Kalten Krieg.
Der Antikommunismus hat jede Systemkritik im Westen unterdrückt mit der Aufforderung,: Dann geht doch nach dem Osten ...!
Marxismus-Kritik richtet sich gegen einen Strohmann.
Dieser Strohmann ist (z.B. von Popper) errichtet worden aus dem Bedürfnis einer aktuell politischen Kritik am Ostblock.
Marx wird in diesem Strohmann rekonstruiert aus dieser politischen Abwehrhaltung heraus, Kampfinterpretation.
Die Kritik an diesem Strohmann (diese Funktion wird für den Kritischen Rationalismus besonders im Hinblick auf Hegel deutlich!) dient dann lediglich dazu, die eigen Position zu legitimieren (und im Übrigen als "vernichtend widerlegt" abzulegen; die vernichteten Gegner werden von Popper aufgereiht, wie der Indianer seine Skalps verweist. Viel Feind, viel Ehr!).
Man kann stattdessen fragen:
1. Was hat Marx wirklich gesagt, gemeint, gewollt? (theoriegeschichtlich: Marxens Ausgangsproblemstellungen)
2. Wie kann man Marxsche Ideen auf unsere aktuellen Theorienbedürfnisse hin reinterpretieren bzw. integrieren? (Theorienvergleich)
Christoph Henning, Narrative der Globalisierung. Zur Marxrenaissance in Globalismus und Globalisierungskritik, Vortrag vom 14. September 2005 im Studienzentrum Karl-Marx-Haus, Trier 2006
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