Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

27.08.2007

Friedmans F-twist

Ein Mann, dem ein so großer Einfluss in der Wirtschaftspolitik zugeschrieben wird, kann kaum verfehlen, eine Kritik in entsprechend hohem Maße zu provozieren, vornehmlich auch für die faktischen Resultate einer Wirtschaftspolitik, die im Namen der von ihm vertretenen Lehrmeinungen praktiziert wurde.

So kritisiert Tom Palley [http://www.sharedprosperity.org/bp191/bp191.pdf Tom Palley, Reviving full employment policy], S. 6f
den negativen Einfluss der Theorie der natürlichen Arbeitslosenquote auf die US-Geldpolitik, die systematisch zu einer Verschlechterung der Einkommenssituation der Arbeitnehmer geführt habe. Neben großzügigen, aber unrealistischen theoretischen Annahmen über die Flexibilität und die Funktionsweise des Arbeitsmarktes sei es bislang niemand gelungen, eine stabile "natürliche Arbeitslosenquote" nachzuweisen. Zudem wurde von Mishkin 1982
''Does anticipated policy matter? An econometric investigation.'' Journal of Political Economy. February 1982. pp. 22-51.
nachgewiesen, dass Erwartungen bezüglich geldpolitischer Maßnahmen sich sehr wohl auf Output und Beschäftigungsniveau auswirkten.

Als "F-Twist"[[Alan Musgrave]]: ''Unreal assumptions in Economic Theory: The F-twist untwisted.'' Kyklos, 34, 1981, pp.26-29, 377-387 wurde FriedmansMilton Friedman: ''Essays in Positive Economics.'' Chicago 1953, S. 14 Schwanken bezeichnet zwischen empiristischem und [[Konventionalismus | konventionalistischem]] Verständnis der Annahmen in der ökonomischen Theorie, was in dem Ausspruch gipfelte: „the more significant the theory, the more unrealistic the assumption". Albert [[Hans Albert]]: ''Aufklärung und Steuerung. Aufsätze zur Sozialphilosophie und zur Wissenschaftslehre der Sozialwissenschaften.'' Hamburg 1976, S. 155f, Anm.98 erblickte in der Mehrdeutigkeit von „Annahme" den Ursprung der hervorgerufenen Konfusion, die schließlich Arni

Jean-Louis Arni: ''Die Kontroverse um die Realitätsnähe der Annahmen in der Oekonomie.'' Grüsch 1989 zu klären unternahm.

Am umstrittensten ist jedoch Friedman in seiner exponierten Rolle als gesellschaftspolitischer Propagandist.vgl. dazu [[Paul Krugman]]: ''Auf eine Reformation folgt eine Gegenreformation. Über Milton Friedman,'' Merkur 61. Jg. Heft 698, Juni 2007, S. 508-521 So hat [[Noam Chomsky]] in einem seiner Bücher Friedmans Sentenz: "Das Gewinnstreben ist das Wesen der Demokratie." zurückgewiesen mit der Bemerkung: "Das Ziel der Demokratie besteht darin, dass die Leute über ihr eigenes Leben und die politischen Entscheidungen, die sie betreffen, frei bestimmen können." [http://www.taz.de/index.php?id=monde-diplomatique&art=2938&id=monde-diplomatique-artikel&cHash=6fbfab8469 NOAM CHOMSKY unterhält sich mit dem Radioreporter Daniel Mermet], ''Monde Diplomatique'' 10.08.2007

http://de.wikipedia.org/wiki/Milton_Friedman

1 Kommentar:

meffo hat gesagt…

Die Realistik der Annahmen eines mathematischen Modells ist eine alte Frage der Naturphilosophie.

So wandte Descartes gegen Galilei ein, dass die von diesem gesetzten Bedingungen empirisch nirgendwo realisiert seien.
(Cassirer ECW 1, S. 65f)

Cassirer hält diesen Einwand für falsch. Denn Descartes eigene Methodologie forderte vielmehr, die rationale Erfassung der Realität durch Hinzunahme weiterer Bedingungen sukzessive anzunähern (nach Marx: vom Abstrakten zum Konkreten aufzusteigen).

Freilich kann man nicht irgendwo in Utopia anfangen (wie etwa die neoklassische Ökonomie ohne einen Begriff von Zeit) und dann erwarten, durch Erweiterungen der Annahmen plötzlich aus dem Wolkenkuckucksheim aufzuwachen und in der Realität zu sein.