Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

02.07.2007

Aufklärung und Steuerung

Neomarxismus ist für A. hier Marcuse und Habermas, bzw. die Frankfurter Schule

Dem Instrumentalismus von Habermas wird Realismus von Popper entgegen gesetzt.

Argument: kognitive Funktion von Weltanschauung, eigenständiges Interesse an Aufklärung


"Im Ganzen zielt die Argumentation dieser Richtung darauf ab, dem naturwissenschaftlichen Denken durch instrumentalistische Umdeutung und Abwertung einen relativ untergeordneten Stellenwert im Rahmen einer Gesamtauffassung zuzuweisen, die von einer quasi-theologischen Geschichtsphilosophie mit absolutem Geltungsanspruch und normativer Funktion beherrscht wird, ..." (76)


Historisch irreführend von A., hier von einer Kritik des Marxismus zu sprechen, da Marx, Engels, Lenin Materialisten sind. Es gibt vermutlich eine ungelöste Restproblematik bei der materialistischen Umstülpung der Dialektik Hegels.
Marcuse nutzt bei seiner Re-Hegelianisierung des jungen Marx vor allem dessen Frühschriften aus.


"Die Wissenschaft selbst als sozialer Tatbestand kann ja als ein institutionell einigermaßen – wenn auch nicht sehr genau – abgrenzbarer Bereich der modernen Gesellschaft angesehen werden, der großenteils gerade auf diesen Erkenntnisfortschritt hin organisiert ist, in dem also neue Ideen, neue Problemlösungen, aber auch neue Problemstellungen, soweit sie Aussicht auf einen solchen Fortschritt eröffnen, prämiiert werden. (...)

Eines der wichtigsten Ziele der neomarxistisch inspirierten Kritik an der üblichen Wissenschaftsauffassung, die diese Autonomie betont, ist das seinerzeit durch Max Weber formulierte Wertfreihei6tsprinzip, demzufolge eine der Erkenntnis gewidmete Wissenschaft auf Werturteile in ihrem Aussagenzusammenhang verzichten kann und muss." (78 f)


"Es ist eine Illusion zu glauben, man könne durch Geltendmachen praktisch-technischer oder gar moralisch-politischer Gesichtspunkte die Theoriebildung und den Erkenntnisfortschritt fördern und in eine bestimmte Richtung lenken. Wer das annimmt, verkennt die Bedeutung umfassender und von der Begrenzung auf spezielle Probleme der unmittelbaren Alltagspraxis losgelöster Theorien für die Entwicklung der Erkenntnis." (80)


A. neigt dazu, Wertfreiheit zu diskutieren ohne Einbeziehung einer wissenschaftssoziologischen Untersuchung der institutionellen Voraussetzungen. A. scheint auch dergleichen empirische Untersuchungen keinesfalls zu vermissen!


"Die Schwäche der einschlägigen Argumentation von seiten neo-marxistischer Theoretiker kann durch ein Ausweichen in weitschweifige, aber systematisch belanglose geistesgeschichtliche Untersuchungen bestenfalls kaschiert werden." (78, > H., Erkenntnis und Interesse)


"Es ist also durchaus möglich, dass politisch-konservativ eingestellte Forscher Theorien produzieren, deren Wirkungen letzten Endes revolutionären Charakter haben." (81)


"Die reine Wissenschaft, soweit sie in ihrer Forschungspraxis auf den Erkenntnisfortschritt abzielt, bedarf weder einer exogenen Lenkung, noch kann sie eine solche ohne negative Folgen für ihre Leistungsfähigkeit vertragen. Sie bedarf allerdings der Förderung mit geeigneten Mitteln: nicht nur durch Bereitstellung von Personal und Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen, sondern auch durch institutionelle Vorkehrungen, die die Freiheit des Denkens und des Gedankenaustauschs, den Schutz der Forschung gegen Eingriffe und Störungen durch Inkompetente, die Entlastung der Forschenden von anderen – zum Beispiel von administrativen – Aufgaben und andere wichtige Vorbedingungen fruchtbarer Erkenntnispraxis sicherstellen." (87)

zwei Arten der Praxisorientierung:

"Aufklärung": "Im einen Falle werden die Produkte der wissenschaftlichen Forschung dazu benutzt, Vorurteile zu eliminieren, ideologische Verschleierungen durchschaubar zu machen, das Wissen über tatsächliche Zusammenhänge zu verbessern und auf diese Weise das Urteil und die Urteilskraft der Mitglieder der Gesellschaft zu läutern und zu stärken. Die wissenschaftliche Erkenntnis wird hier also kritisch verwertet, zur Kritik von mehr oder weniger fest verwurzelten Überzeugungen aller Art, auch von Wertorientierungen und politischen Meinungen und schließlich auch zur Sozialkritik. Institutionelle Vorkehrungen aller Art können ja ähnlich wie etwa wissenschaftliche Theorien als Versuche der Problemlösung aufgefasst und unter dem Gesichtspunkt ihrer Leistung beurteilt werden, wobei wieder die in Betracht kommenden wissenschaftlichen Theorien für diese Beurteilung heranzuziehen sind." (89f)

"Steuerung": "Im anderen Falle, nämlich im Falle der Steuerung, geht es um die technologische Umsetzung und die technische Verwertung wissesnchaftlicher Erkenntnisse, von denen schon öfter die Rede war, also um ihre konstruktive Verwendung." (90)

Hans Albert, Wissenschaft, Technologie und Politik.

Zur Problematik des Verhältnisses von Erkenntnis und Handeln

in: Konstruktion und Kritik, 2. Aufl. 1975, S. 74 ff.

Keine Kommentare: