Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

25.06.2007

emanatistische Logik

Eine emanatistische Logik ist für Max Weber [1] im Anschluss an Emil Lask eine bestimmte Auffassung des Verhältnisses von Allgemeinbegriff und Einzelnem, wie sie von Hegel in seiner Logik vorgeführt wurde.

Der Allgemeinbegriff wird danach nicht durch das die Einzelfälle verallgemeinernde Denken gebildet, sondern das Besondere entstamme einer realen Abhängigkeit vom Begriff als einer ‘organischen’ innigen Durchdringung von Gattung und Einzelwirklichkeit. Dabei entlasse der Begriff den besonderen Verwirklichungsfall sozusagen aus seiner überreichen Fülle.[2]

Max Weber wirft Wilhelm Roscher vor, sich mit der Marxschen Dialektik des Kapital selbst sich nie auseinandergesetzt zu haben [3], tut dies selber aber auch nicht. Eine genaue Lektüre von Zur Kritik der Hegelschen Staatsrechts ergibt, dass auch Marx die Deduktion des Besonderen aus dem Allgemeinen als logisch unzulässig verwirft.

Schon Karl Rosenkranz kennt den Vorwurf der "abstrakten Empirie" an Hegel, seine Begriffslogik komme aus der Abhängigkeit von der empirisch vorgefundenen Anschauung nicht heraus und erkünstele nur die Produktion der Wirklichkeit aus dem reinen Denken.[4]

Anmerkungen [Bearbeiten]

  1. „Da die Geschichte die Aufhellung der kausalen Bedingtheit der Kulturerscheinungen (im weitesten Sinn des Wortes) bezweckt, so können diese ‘Grundsätze’ nur solche der kausalen Verknüpfung sein. Und hier findet sich nun bei Roscher der eigentümliche Satz, dass es Gepflogenheit der Wissenschaft - und zwar jeder Wissenschaft - sei, bei kausaler Verknüpfung mehrerer Objekte ‘das Wichtiger-Scheinende die Ursache des minder Wichtigen zu nennen’. Der Satz, dessen emanatistische Provenienz ihm an der Stirn geschrieben steht, wird nur verständlich, wenn man unterstellt, dass Roscher mit dem Ausdruck ‘wichtiger’ einerseits dasselbe gemeint hat, was Hegel unter ‘allgemein’ verstand, andererseits aber das gattungsmäßig Allgemeine davon nicht schied. Dass dies in der Tat der Fall ist, wird sich uns im weiteren Verlauf der Betrachtung von Roschers Methode immer wieder zeigen. Roscher identifizierte die Begriffe: gattungsmäßig allgemein (generell) und: inhaltlich umfassend miteinander. Außerdem aber schied er auch nicht zwischen der mit dem universellen Zusammenhang identifizierten generellen Geltung der Begriffe und der universellen Bedeutung des Begriffenen: das ‘Gesetzmäßige’ ist, wie wir sahen, das ‘Wesentliche’ der Erscheinung. Und es versteht ihm sich endlich - wie so vielen noch heute - von selbst, dass, weil man die generellen Begriffe durch Abstraktion von der Wirklichkeit aufsteigend gebildet habe, so auch umgekehrt die Wirklichkeit aus diesen generellen Begriffen - deren richtige Bildung vorausgesetzt – absteigend wieder müsse deduziert werden können." (Max Weber: Roscher und Knies und die logischen Probleme der historischen Nationalökonomie. 1903-1906, in: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, UTB 1492, Tübingen 1988a, S. 18f)
  2. „Nach der Entscheidung der Frage, welcher Wahrheits- und Wirklichkeitsgehalt den Gattungsbegriffen zuzuerkennen ist, lassen sich alle von jeher aufgestellten Begriffstheorien in zwei Hauptgruppen teilen. Die Anhänger der einen halten das logisch Untergeordnetste, das Inhaltreichste, das, was der Stufenfolge der Begriffe nach unten hin eine Schranke setzt, kurz die unbegrenzte Zahl der Einzeldinge, das empirisch unmittelbar Erlebbare, für die einzige Wirklichkeit, für die unverrückbare Basis, von der alle Begriffsbildung ihren Ausgang nimmt. Das Empirische wird ihnen zur einzigen und vollen Wirklichkeit: der Begriff zu einem künstlich ausgesonderten Teilinhalt ohne eigene Existenzfähigkeit, der durch Auflösung des ursprünglich Verbundenen entsteht und sich lediglich als Produkt des Denkens erweist. Die Begriffsbildung vollzieht sich hier durch Analyse des unmittelbar Gegebenen; wir können die Logik, die auf diesem Standpunkt steht, kurz die analytische Logik nennen. Die ihr entgegengesetzte Richtung deutet die logische Herrschaft des Begriffs über das Einzelding zur realen Macht einer höheren Wirklichkeit um, der gegenüber die Welt des Empirischen zu einer niederen und abhängigen Daseinsform herabgedrückt wird. Diese Richtung hat einen großen Formenreichtum entwickelt, bei dessen Erzeugung mannigfache metaphysische und erkenntnistheoretische Gedanken wirksam gewesen sind. Es lässt sich aber zeigen, dass diese alle auch einem rein logischen Ideal des Begriffs zustreben, das seiner Struktur nach dem Begriff, wie ihn die analytische Logik fordert, in wesentlichen Punkten entgegengesetzt ist. Bei diesen Theorien nämlich muss der Begriff stets inhaltsreicher als die empirische Wirklichkeit ausfallen, nicht als deren Teil, sondern umgekehrt so gedacht werden, dass er sie als seinen Teil, als Ausfluss seines überwirklichen Wesens umfasst. Beziehungen zwischen Begriff und Einzelnem werden dann nicht etwa durch ein die Begriffe erst bildendes Denken ermöglicht, sondern entstammen einer realen Abhängigkeit des Besonderen, einer ‘organischen’ innigen Durchdringung von Gattung und Einzelwirklichkeit. Da hierbei der Begriff den besonderen Verwirklichungsfall sozusagen aus seiner überreichen Fülle entlässt, mag die solche Ergebnisse hervortreibende Anschauungen eine emanatistische Logik genannt werden. Schon diese kurze Übersicht muss gezeigt haben, dass das Prinzip der Einteilung in die beiden Arten der Logik gebildet wurde durch ein verschiedenes Verhältnis des Begriffs zur empirischen Wirklichkeit, zu der er sich nämlich das eine Mal als unterwirklicher Teilinhalt, das andere Mal als überwirklicher Urgrund verhält." (Emil Lask: Fichtes Idealismus und die Geschichte. Tübingen 1914 (zuerst: 1902), S. 25f)
  3. „Eine eingehendere Auseinandersetzung mit derjenigen Form der hegelschen Dialektik, welche das ‘Kapital’ von Marx repräsentiert, hat Roscher nie unternommen." (Weber 1988, S. 17, Anm. 6)
  4. "Gegen Hegel nimmt die abstrakte Empirie vorzüglich die Stellung ein, ihm die Wahrheit seiner dialektischen Methode, welche die Ontologiker formell anerkennen, abzustreiten und ihn selbst der Empirie, der Abhängigkeit von der Anschauung anzuklagen, die er nur künstlich verstecke. Sie hält das reine Denken für ein solches, welches aus sich das sein auch nach seiner realen Mannigfaltigkeit, ohne sich um sie durch die Vermittelung des Anschauens zu bekümmern, abzuleiten nicht bloß, nein auch zu produzieren sich unterfange." (Karl Rosenkranz: Georg Wilhelm Friedrich Hegels Leben. Darmstadt 1998 (zuerst: Berlin 1844), S. XXIV)

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