Dies ist der gebündelte Versuch einer Replik auf: Karl R. Popper, Das Elend des Historizismus, was eine Replik darstellte auf: Karl Marx, Das Elend der Philosophie, was eine Replik darstellte auf: Proudhon, Die Philosophie des Elends

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25.03.2007

Ideologie zwischen Allgemeinem und Einzelnem

1.) Folgendes Paradoxon: Fichte (Reden an die deutsche Nation) will das Eigentümliche und Vorzügliche des deutschen Wesens entwickeln. Sein Ansatz kann jedoch als Modellvorlage bzw. allgemeines Rezeptbuch für jedweden Nationalismus, Rassismus oder Identitätslehre (creolité, négritude, usw.) dienen. Wo bleibt da das Spezifische des Deutschen?!

2.) Logischer Defekt: In Platons Ideenlehre erschließt sich das Ewig Wahre, Gültige und Gute der Ideen durch die Transzendenz der Universalbegriffe. Zum Beispiel geht es bei der Idee nicht um die einzelnen Menschen, sondern den "Mensch" als Begriff. Dabei tritt jedoch schon bei Platon die Schwierigkeit auf, dass die die Idee "Dreieck" nicht bloß die Idee "Linie" beinhaltet, sondern dass zu jedem Dreieck genau drei Linien gehören. Muss dazu die Idee "Linie" 3mal vorhanden sein?!

Vgl. hierzu Bertrand Russell, Philosophie des Abendlandes, Köln 1999, S. 143 ff.

Bei Fichte wird der Logik darüber hinaus Gewalt angetan: Das Wesen "deutsche Nation" wird sowohl als Universalbegriff (ewige Gültigkeit, ...) wie auch als historischer Individualbegriff verwendet , also als Name für ein geschichtlich vorfindliches Individuum. Die gewaltsame Identifizierung von Wesen mit einem dazu passenden historischen Individuum stellt ein logischer Luftsprung dar, der auf genau dieselbe Weise von anderen Legitimierungsideologien (Staat = Ludwig XIV., Partei = KPdSU, Freiheit, Demokratie = die NATO-Staaten, Gott = katholische Kirche = Papst XXX, ...) vollzogen wird, aber nur durch entsprechend großen rhetorischen Aufwand bzw. Unterschlagung von Logik vertuscht werden kann.

In der Ideologie Marxismus-Leninismus findet man "Parteilichkeit" sowohl als Dogmatismus (Glaube an fest stehende Lehrsätze) als auch die Identifikation mit den jeweiligen geschichtsbedingten Entscheidungen der Partei, was weder dasselbe ist noch immer zusammenstimmt. Wir haben daher zwischen Dogmatikern und Opportunisten zu unterscheiden.

Die praktisch erfolgreichste Lösung ist diejenige, wonach die Parteiführung darüber entscheidet, was zu einem gegebenen historischen Zeitpunkt jeweils unter "Dogmatismus" und "Opportunismus" fällt. Daraus ersieht man mindest eines: Es ist in der Geschichte einer kommunistischen Partei ziemlich aussichtslos, nach dem "Wesen" des "Dogmatismus" oder des "Opportunismus" zu suchen, da historisch die Zurechnung unter ganz pragmatischen Gesichtspunkten erfolgt. Hilfreich ist es hierbei auch, die Parteidogmen relativ vage (leerformelhaft) zu halten; somit sind die Vorteile des Dogmatismus (fixe weltanschauliche Orientierung, Beschwörungsrhetorik) mit relativ geringen Kosten (Einengung der politischen Strategiealternativen) verbunden.